Hörspiel: Die Geweihten des Totengottes

Ein paar Wochen früher als angekündigt haben die WinterZeit Studios den dritten Teil der DSA-Hörspielreihe veröffentlicht. Diesmal müssen Gundar Gemmenschneider und seine Gefährten sich mit besessenen Wölfen, jugendlichen Kannibalen und seltsamen Boron-Geweihten herumschlagen. Die vier Helden und der Schelmen waren gespannt, wie die Hörspiel-Reise weitergeht.

Der Rückblick

Das erste Drittel der sechsteiligen DSA-Hörspielreihe der WinterZeit-Studios liegt schon hinter uns, und wir hatten zwei Folgen lang Zeit, den unwillig in Abenteuer vertrickten Zwerg Gundar Gemmenschneider und seinen Gefährten Alinne (die mysteriöse Streunerin), Hothar (dem nörgeligen Thorwaler), Filoen (dem Auelfen) und Leonida von Beilunk (der Kriegerin) bei ihrer Flucht aus dem Kerker von Gareth zu folgen. Während sie im ersten Teil den Auftrag bekamen, den in den Wirren der Borbarad-Krise verlorenen Siegelring des Landadeligen Lares vom weißen Turm wiederzubeschaffen, erlebten wir im zweiten Teil, dass das Beschaffen von Waffen für die gefährliche Reise schnell selbst zu einem Abenteuer werden kann, bei dem man schnell in den Händen einer Räuberbande landen kann. Als die Räuber von Gardisten attackiert wurden, gelang es den Gefährten zu entkommen, wobei sich Kriegerin Leonida eine lebensbedrohende Pfeilwunde zuzog. Wird Leonida ihrer Wunde erliegen, oder finden ihre vier Freunde eine Möglichkeit sie zu retten?

Die Handlung

Folge 3 schließt direkt dort an, wo die Handlung von Folge 2 aufhörte: Leonida liegt komatös in einer Höhle, die Heilkunst des Elfen reicht nicht, um sie heilen. Glücklicherweise stellt sich heraus, dass Alinnes Amulett, das sie in der letzten Folge dem Räuberhauptmann Renk abnehmen konnte, weitaus mehr als der billige Blechschmuck ist, für den Gundar es letzte Folge noch hielt. Mit den mysteriösen magischen Kräften des Amuletts gelingt es Alinne, Leonida zu heilen, woraufhin Hothar sie für eine Hexe hält und sie fortan misstrauisch beäugt.

Beim Versuch, ein paar Reittiere zu ergattern, fallen die Gefährten einer Gruppe jugendlicher Überlebender des Borbaradkrieges in die Hände, denen sie sich treu-doof kampflos ergeben. Dem Schicksal, in einem Suppentopf zu landen, können sie aber noch knapp entgehen, als sie die Kinder vor einem Angriff seltsam wilder Wölfe beschützen, die seit einiger Zeit das Dorf heimsuchen.

In einer regnerischen Nacht erbitten die fünf erschöpften Helden schließlich Quartier in einer alten, auf keiner Karte verzeichneten Ordensburg der Boronis, wo sie von einem hilfbereiten Novizen eingelassen werden. Erschöpft fallen fast alle fünf in ihre Betten, ohne zu ahnen, dass düstere Geheimnisse hinter den Mauern der Feste lauern...

Die Umsetzung

Mittlerweile wissen wir ja glücklicherweise schon, was uns bei dieser Hörspielreihe erwartet: Ein technisch sehr rundes, hervorragend eingesprochenes Hörerlebnis, mit angenehm unaufdringlicher Musik, recht lebensnahen Dialogen und guten Sound-Effekten. Auch diesmal sind neben dem hervorragenden Haupt-Ensemble auch wieder tolle Gastsprecher dabei - leider habe ich bisher nur den digitalen Download und somit noch kein Booklet in Händen, sodass ich nur vermuten kann, zumindest Roland Hemmo (den Stammsprecher von z.B. Brendan Gleeson) als Abt Thanatos herausgehört zu haben. Akustisch ist die Folge also wie gehabt ein Genuss!

Das Titelbild ist mal wieder hochkarätig und stimmungsvoll - dass es aber in keinster Weise zum gehörten Geschehen passt, muss man dabei zähneknirschend akzeptieren. Da hatten selbst Ugurcans 1000 Oger mehr mit der Handlung zu tun!

Ein tolles Bild - wenn die Handlung in einer Stadt spielen würde!

Es fällt schnell auf, dass Folge 3 anscheinend ein kurzes Intermezzo auf dem Weg zum noch drei Folgen entfernten Serienfinale darstellt, wird doch die eigentliche Rahmenhandlung in keinster Weise fortgeschrieben. Lares vom weißen Turm, sein Mentor Sardos und der Bösewicht Beltram von Lauterfurt werden mit keinem Wort erwähnt, der zu erreichenden Warunkei kommen wir kaum näher. Stattdessen konzentriert man sich auf eine einzelne episodenhafte Geschichte. Ob das Weglassen der Hintergrundgeschichte aber ein Vor- oder Nachteil ist, muss jeder für sich selbst entscheiden.

Die Kritik

Kommen wir also schnell zu den beiden bisherigen Problemkindern: Der Werktreue bezüglich des aventurischen Kanons, und den offensichtlichen Logiklücken in der Rahmenhandlung und im Verhalten der Protagonisten.

Wie zu erwarten war, ist auch diesmal in Einbettung der Geschichte in die aventurische Welt nur tangential: In der mal wieder von Axel Ludwig (dem Sprecher der legendären DSA-Hörbuchreihe) eingesprochenen Einleitung erfahren wir erneut, dass im Aventurien des Jahres 1027 BF der Dämonenmeister besiegt wurde, aber die Heptarchen noch immer um seine Nachfolge ringen. Im Folgenden wird der Name Borbarad aber kein einziges Mal mehr erwähnt; stattdessen ist immer wieder nur vom "Nekromanten und seiner Armee des Bösen" die Rede, Boron wird meist schlicht als "der Totengott" oder "der Gott der Dunkelheit" umschrieben.

Wo genau sich unsere Heldentruppe gerade aufhält, ist weiterhin ein Rätsel: Ist sie immer noch nur wenige Dutzend Meilen von Gareth entfernt (wie der Ort der letzten Hörspielfolge nahelegte), oder sind wir bereits tief in die Schwarzen Lande eingedrungen, wie die kannibalistischen Jugendlichen implizieren? Keine Ahnung - scheint den Autoren aber auch nicht wichtig zu sein. Je ungenauer, desto weniger Widersprüche zum Kanon - so lautete wohl die Devise der Autoren.

Warum der Elf Filoen die lebensgefährlich verletzte Kriegerin Leonida nicht heilen kann, da er "nur" den Balsam beherrscht, ist unklar - an völliger astraler Verausgabung kann seine Heilkunst eigentlich nicht scheitern, da er bisher praktisch kein einziges Mal magisch aktiv wurde. Stattdessen muss das magische Amulett Deus-ex-Machina-mäßig immer wieder zum Einsatz kommen, um die Truppe vor Unheil zu bewahren. Anscheinend ist das tolle Artefakt sowohl mit einem mächtigen Balsam, einem Gedankenbilder Elfenruf (oder Nekropathia?) sowie einem Einfluss bannen belegt. Kein Wunder, dass Alinne es unbedingt zurück haben wollte. Aber sonderlich aventurisch fühlt sich ein derartiges eierlegendes Wollmilchsauamulett leider nicht an.

Auf Seiten der Verhaltenslogik sieht es diesmal ein Bisschen besser aus als beim letzten Mal, hauptsächlich aber aus dem einfachen Grund, dass diese Folge einfach sehr viel linearer verläuft als die bisherigen. Sauer aufgestoßen ist mir diesmal nur, dass die Helden bereitwillig ihre Waffen vor einem Dutzend jugendlicher Herumtreiber fallenlassen, nur um im nächsten Moment - oh Wunder - auf dem Speiseplan der hungrigen Blagen zu landen. Die lernen's einfach nicht!

Auch die Motivation der Erzschurken ist mehr als dürftig: Mehr als die Info, dass sie halt auf der bösen Seite stehen, erfährt man über sie nicht. Warum sie böse geworden sind, was sie vorhaben, und warum sie die Gegend mit Wölfen terrorisieren - das bleibt alles ein Geheimnis der Autoren. Hauptsache, sie sind da, und sind möglichst böse. Mehr braucht es offensichtlich als Beweggrund im hörspielerischen Aventurien nicht!

Das Fazit

So, damit wollen wir es mal gut seien lassen mit der ständigen Kritik. Alles in allem ist diese Folge nämlich eine sehr unterhaltsame, teilweise sogar ansatzweise spannende gradlinige Geschichte. Natürlich ist die Handlung platt: Heldin ist krank - wird geheilt! Helden geraten in Gefangenschaft - entkommen! Helden geraten in die Hände der Bösen - und entkommen erneut! Das war's. Keine tiefergehende Rahmenhandlung, keine subtile Meta-Ebene, keine wirklichen Überraschungen. Jede Drei Fragezeichen-Folge, ja selbst jede TKKG-Folge ist da tiefgründiger.

Wem das reicht, und wer keine mit liebevollen aventurischen Details gespickte Homage an unsere heißgeliebte DSA-Welt erwartet, kann mit dieser Folge erneut viel Spaß haben. Die technischen Qualitäten garantieren 52 schöne Hörspielminuten - die nicht zwangsläufig in Aventurien, sondern theoretisch in jeder Fantasy-Welt hätten spielen können.

Wenn ich mir meine Bewertung bis hierhin durchlese, bin ich selbst überrascht, dass mir die Folge seltsamerweise bisher am Besten gefallen hat. Durch die lineare Struktur und fehlende Einbettung in den aventurischen Hintergrund kann man sich rein auf die Geschichte des Hörspiels konzentrieren, und trotz (oder wegen?) ihrer Vorhersagbarkeit wusste sie mich gut zu unterhalten. Daher kann ich immer noch von mir behaupten, mich auf die nächste Folge und das langsame Hinarbeiten auf das Staffelfinale zu freuen.

Langsam gebe ich es auf, noch auf ein echtes DSA-Hörspiel für Aventurienkenner zu hoffen. Die Chancen, dass die kommenden drei Folgen die bisherigen Erfahrungen auf den Kopf stellen, stehen eher gering. Aber die Wege der Zwölf sind unergründlich, und wer weiß, vielleicht kriegen die Autoren der Gundar-Gemmenschneider-Saga ja noch die Kurve! Ich wünsche es mir inständig!

Das Hörspiel "Die Geweihten des Totengottes" ist ab sofort direkt bei den WinterZeit Studios als CD oder Download, oder ab dem 22. September 2017 bei den bekannten Internet-Versandhäusern (z.B. Amazon, Mediamarkt oder buch.de) als CD verfügbar.

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