Rezension: Alrik der Basiliskenschreck

Mit DSA kann man ja eigentlich nie früh genug anfangen, und da heutzutage die wenigsten Kindergarten-Kinder fähig oder gewillt sind, sich durch 416-seitige Grundregelwerke zu wühlen, ist es nur konsequent und richtig, den DSA-Nachwuchs auf andere Weise zu ködern. Daher haben sich die vier Helden und der Schelm das erste DSA-Kinderbuch vorgenommen und auf seine Kindertauglichkeit getestet.

Die Ankündigung

Als Ulisses-Chef Markus Plötz auf der Ratcon-Keynote 2017 verkündete, dass bald in Zusammenarbeit mit dem Verlag Der Schwarze Ritter das erste DSA-Märchenbuch erscheinen würde, war die Überraschung groß. Nach DSA-Comic, Amöbenwürfel und dem noch ausstehenden SchmuddelRegelband Wege der Vereinigung war man ja auf einiges gefasst, aber ein Kinderbuch hatte ich bisher noch nicht auf dem Schirm. Umso interessanter ist natürlich, wie der Band geworden ist, ob er sich harmonisch in den DSA-Kanon einfügt, und ob die anvisierte Zielgruppe tatsächlich erreicht wird.

So sieht also ein DSA-Märchenbuch aus

Die Geschichte

Alrik ist ein Junge, der mit seinem Magier-Vater und seiner Mutter im schönen Gareth wohnt. Als sein Vater einmal für ein Ritual eine Alraune benötigt, schickt er seinen Sohn in den Reichsforst, um ihm die seltene Pflanze zu besorgen. Leider scheint der Reichsforst gerade von einem schrecklichen Ungeheuer heimgesucht zu werden: Einem Basilisken, der alle Einwohner vertrieben hat, und dem sich kein Erwachsener stellen möchte.

Doch Alrik gibt nicht auf, und bekommt schon bald vermeintliche Hilfe durch die verträumte Elfe Fariel Blütental und den sehr langfristig planenden Zwergen Murgrim. Als sich herausstellt, dass beide Alrik nicht weiterhelfen können, verzweifelt Alrik - und findet einen höchst ungewöhnlichen Freund, mit dessen Unterstützung er unerwartet zum Helden wird.

Die Macher

Der Verlag Schwarze Ritter ist für Fantasy-affine Eltern vielleicht schon durch die schöne Buchreihe um den Orkpapa und seinen Sohn bekannt (Mein Papa ist ein Ork, Mein bester Freund ist ein Goblin und Orkpapa und Elfenprinzessin), die erst kürzlich wieder den Goldenen Stephan für das beste Kinderbuch erhielt.

Vom selben Zeichner, Rudolf Eizenhöfer, stammt auch das neueste Kinderbuch Alrik der Basiliskenschreck, und so weiß der Eizenhöfer-erfahrene Leser bereits in etwa, was ihn optisch erwartet: Sehr gefällige und kindertaugliche quietschbunte und warme Bilder, die sowohl von Eltern als auch Kindern gerne angesehen werden.

Aventurische Kulturkunde in einem Kinderbuch

Die Geschichte stammt diesmal nicht von Eizenhöfer selbst, sondern wurde von Hagen Tronje Grützmacher geschrieben, der als alter LARPer auch für den ersten Mythodea-Roman Zmaë - Die Wächter von Steinthalm verantwortlich zeichnet. Eizenhöfer und Grützmacher - da haben sich die beiden richtigen gefunden, denn schon die Namen klingen so, als wären sie direkt aus Aventurische Namen (Kapitel Kosch oder Nostergast ) entnommen...

Zusammengebracht wurden die Macher und der Ulisses Verlag übrigens durch das Orkenspalter TV Team, und da das Endergebnis sehr zu gefallen weiß, gibt es schon wieder einen guten Grund mehr um Mháire, Nico und nicht zuletzt Heinz für ihr Engagement zu danken.

Die Optik

Der sehr eigene Stil von Eizenhöfer passt sehr gut zur aventurischen Welt, ist sein Gareth doch ein mittelalterlich und weniger fantastisch wirkender warmer Ort mit vielen Fachwerkhäusern, Passanten und Details. Die Figurendarstellung liegt irgendwo zwischen Comic und Bilderbuch, und auch wenn die Bilder keinen Anspruch auf Realitätsnähe haben und viele Details wegabstrahiert wurden (die Haare von Alrik erinnern ein wenig an die Zackenfrisur von Lisa Simpson), wirken sie durch die geschickt gewählten Perspektiven und die augenfreundliche Kolorierung doch sehr plastisch.

Jahrtausende alte Konflikte, kindgerecht illustriert

Auch sind durch die liebevollen Details alle Charaktere auf Anhieb zu erkennen, sodass man auch ohne den Text sofort den Thorwaler, den Nivesen, den Novadi, den Andergaster Ritter oder die Auelfe erkennen würde. Lediglich der Basilisk sieht eher wie ein knuddeliger Drache als ein tödliches Schlangenwesen aus, was aber klar der Geschichte geschuldet und somit verständlich und verzeihlich ist.

Das Buch

Jede Seite des Buches wird durch stets eine oder zwei Illustrationen geschmückt, der Seitenhintergrund der Vorlesetexte ist braun-vergilbt, die Seitenköpfe und -füße werden durch schöne Zierelemente aufgewertet. Leider kommt das Buch - anders als z.B. Orkpapa und Elfenprinzessin oder Mein Vater ist ein Ork - nicht in einer Hardcover-Variante daher, sondern als sehr viel empfindlicheres Paperback, was für die Langlebigkeit des Buches in rauhen Kinderhänden sicherlich nicht förderlich wirkt. Dafür ist das Buch mit 9,90€ etwas erschwinglicher als die Vorgänger-Bücher, und die schönen Konzeptskizzen im Anhang und die Lebensläufe von Zeichner und Autor runden das Buch angenehm ab. Lediglich eine kleine Werbe-Seite für das "richtige" DSA hätte man vielleicht noch einbauen können, um den Übergang zum Rollenspiel zu erleichtern.

Wer das Buch als kanonische Beschreibung einer Basiliskenplage im Mittelreich betrachten will, wird wohl nicht viel Freude damit haben, denn natürlich ist es in erster Linie ein Kinderbuch und kein aventurischer Roman. Dass der magiebegabte Vater seinen kleinen Sohn alleine in den Reichsforst schickt (der, wenn ich meinem Aventurischen Atlas glauben darf, irgendwo zwischen 70 und 100 Meilen entfernt ist), ist ebenso unrealistisch wie die Tatsache, dass Alrik aufgrund seiner Freundschaft mit dem Basilisken nicht bei seinem Anblick zu Stein erstarrt. Aber hey, es ist ein Märchen. Und ein Märchen darf das!

Oben original, unten Fälschung. Oder umgekehrt?

Also folgen wir Alrik gerne von seinem Elternhaus über den Markt aus der Stadt heraus, freuen uns über die verschiedenen Rassen und Kulturen, den Phex-gläubige Plünderer und den Magier, der seinen Sohn mittels Sapefacta Zauberschwamm (aka Mit Seife, Bürste, Bad) wieder ansehnlich macht, und sind auch ein Bisschen gespannt, wie es Alrik gelingen wird, den tödlichen Basilisken unschädlich zu machen. Wie für ein Kinderbuch üblich ist die Handlung eher linear und wenig überraschend - aber tiefgründiger als ein Grüffelo-Buch ist sie allemal!

Die Zielgruppe

Machen wir uns nichts vor: Natürlich hätte ich mir Alrik den Basiliskenschreck auch dann gekauft, wenn ich keine Kinder hätte. Aber als Vater einer zweijährigen Tochter kann man diesen Kauf vor sich selbst (und vor der Ehegattin!) sehr viel besser rechtfertigen. Fehlt also noch die Frage, wie die beabsichtigte Zielgruppe die Geschichte aufnimmt.

Und so habe ich meiner Tochter die ersten Seiten der Geschichte vorgelesen, habe ihr die Bilder gezeigt, und mein Bestes gegeben, um sie in die tolle DSA-Fantasie-Welt abtauchen zu lassen. Leider stellte sich schnell heraus, dass das Buch doch noch etwas zu kompliziert, die Texte noch etwas zu lang für eine Zweijährige sind, und so fand ich mich, als Alrik gerade Gareth verlassen und im menschenleeren Dorf angekommen war, mindestens ebenso verlassen auf der wohnzimmerlichen Couch vor, während meine Tochter fröhlich mit der Lego-Kugelbahn spielte.

Das Fazit

Was lernen wir aus diesen Erfahrungen? Wenn man Kinderbücher kauft, sollte man zumindest manchmal auf die Altersempfehlungen achten, denn tatsächlich sind die vergleichsweise langen Vorlesetexte der immerhin 40 Seiten langen Geschichte zuviel des Guten für eine Zweijährige. Ab vier oder fünf Jahren sollte das aber kein Problem mehr darstellen, und ich freue mich darauf, das Buch in den kommenden Monaten immer wieder hervorzukramen, und zu hoffen, dass meine Tochter die Geschichte mehr und mehr lieben lernt - so wie ihr Vater das jetzt schon tut!

Denn eines ist Alrik der Basiliskenschreck bestimmt: Eine schön gezeichnete, nett geschriebene Kindergeschichte, die zufällig in Aventurien spielt und sich - von den in Märchen üblichen Ungenauigkeiten und Überzeichnungen abgesehen - gut in den DSA-Hintergrund einfügt. Es ist dem kleinen, aber sympathischen Hamburger Verlag Schwarze Ritter, den DSA-Machern von Ulisses und auch uns zu wünschen, dass sich viele kleine Leser für das Buch finden, und dass all diese Leser unterbewusst so von Aventurien begeistert werden, dass sich in zehn Jahren zehntausende neue Jugendliche begeistert durch 416-seitige DSA5-Grundregelwerke kämpfen, und unser tolles Hobby noch lange, lange bestehen bleibt und neue Generationen begeistern kann.

Das Kinderbuch "Alrik der Basiliskenschreck" gibt es direkt beim Verlag Schwarze Ritter oder im F-Shop für 9,90 € in der Paperback-Version zu kaufen. Das Buch umfasst 46 Seiten und wird für Kinder ab 5 Jahren empfohlen.

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