Bastel-Marathon 09: Urne
Traurig schauten die vier Helden über den Boronanger, sahen dem Boroni beim Sprechen des Grabsegens zu. Hätte der Schelm sich mal besser nicht unbewaffnet mit dem Purpurwurm angelegt, denkt Ihr bei Euch, als ihr den Beutel hervorholt, in dem sich die sterblichen Überreste eures Freundes befinden. Eine Träne kullert Euch über die Wangen, als Ihr die Asche in das bereitstehende Gefäß schüttet. Eines muss man dem Schelm aber lassen: Eine echt schöne Urne hat er da!
Dies ist Teil 9 einer 24-teiligen Reihe von Bastel-Artikeln, die vom 01. bis 24. November 2018 erscheinen. Dieser ungewöhnliche Adventskalender kommt einen Monat zu früh, um allen Bastelwilligen noch genug Zeit zu lassen, um ihre Ideen bis Weihnachten in die Tat umzusetzen. Eine Übersicht über alle Artikel findet sich hier.
Die Aussichten
Nein, keine Sorge, dem Schelm geht es natürlich gut, und die obige Szene liegt hoffentlich in weit entfernter Zukunft. Aber so ganz sicher kann man sich natürlich nie sein: Jeder, egal ob schwertschwingender Söldner oder Havener Fischer, Boron-Geweihter oder Kaiserin, Blog-Autor oder Blog-Leser, wird irgendwann Golgaris Schwingen hören und die letzte Reise über das Nirgendmeer antreten.
So wie viele alte, liebgewonnene DSA-Bösewichte im Laufe der Jahrzehnte von dahergelaufenen Abenteurergruppe niedergemetzelt wurden, hat auch die kleine Gemeinschaft der DSA-Autoren und -Künstler in den letzten Jahren und Jahrzehnten einige schmerzliche Lücken in ihren Reihen beklagen müssen: Angefangen mit dem tragischen und viel zu frühen Tod von Ulrich Kiesow, über DSA-Miterfinder Hans-Joachim Alpers, Kartenzeichner und Allround-Texter Ralf Hlawatsch, Cover-Künstler und Flügelhelm-Erschaffer Uğurcan Yüce, Aventurien- und Myranor-Alleskönner Jörg Raddatz, Uthuria-Reisender und Protektor-Erfinder André Wiesler... Die Liste der von uns Gegangenen ist leider bereits viel zu lang und wird erfahrungsgemäß nur noch länger, niemals kürzer werden.
Doch keine Sorge: Dieser Artikel soll kein Grund sein, Trübsal zu blasen. Im Gegenteil: Der Tod ist so unausweichlich, dass man eigentlich genug Zeit hat, um sich derartig darauf vorzubereiten, dass man das Beste daraus machen kann! Und etwas Spaß dabei haben kann!
Ich zum Beispiel habe noch keinerlei konkrete Angst vor dem Tod (trotz meines fortgeschrittenen Alters von 42 Jahren), habe aber manchmal durchaus Freude daran, mir meine Bestattung vorzustellen. Wer mich kennt, dem dürfte klar sein, dass mir eine christliche Beerdigung mit katholischem Priester-Geschwafel ein Gräuel wäre. Stattdessen sollen Familienmitglieder oder Freunde etwas (hoffentlich) Nettes über mich erzählen, und davor und danach gezwungen sein, sich schöne Musik anzuhören. Summon the Heroes von John Williams (hat er an meinem 20. Geburtstag zur Eröffnung der Olympischen Spiele in Atlanta gespielt) zum Auftakt, um in die richtige Stimmung zu kommen, die vollen zehn Minuten von Finale & End Credits von Indiana Jones and the Last Crusade (meine erste CD) als gut gelaunten Rauswerfer. Da ich schon immer gerne gegrillt habe, würde ich auf einer Einäscherung bestehen, denn ich mag den Gedanken, dass der letzte Geruch, der durch meine Nase strömt, der Duft von gegrilltem Fleisch ist... Und nach meiner Bestattung gibt es dann Currywurst, Pommes und Haribo für alle!
Die Urne
Wer aber eingeäschert werden will, der sollte wenigstens eine schöne Urne haben. Und damit kommen wir nun endlich zum eigentlichen Inhalt dieses Artikels: Wir basteln uns eine Boron-Urne! Immerhin haben wir ja viele Stunden unsers Lebens in Aventurien verbracht; da ist es nur angemessen, dem Totengott einen angemessenen Platz in unserer Grablegung einzuräumen.
Ausgangspunkt unserer Bastelei ist, natürlich, eine Urne. Eine echte Urne, wie man sie bei unzähligen Bestattungsunternehmen im Internet bestellen kann. Ich habe mich für ein schlichtes weißes Modell entschieden, da mir borongefälliges schwarz doch etwas zu trist und düster war. Kostenpunkt für die Urne ist 79 €, was zwar nicht billig ist - aber bevor meine Familie das zahlen muss, gebe ich lieber selber Geld dafür aus. Natürlich ist die Urne aus Bio-Kunststoff und vollständig abbaubar. Warum sollte die Urne länger halten als meine Überreste?
Schief, aber kreativ: Meine DSA-Urne |
Zum Verzieren habe ich mir im LARP-Fachhandel eine Rolle Boron-Borten bestellt, die normalerweise zum Umnähen der Ränder von Geweihten-Gewandungen verwendet werden. Da die Borten aus Stoff sind, sollten sie ebenso bio-abbaubar wie die Urne und ihr Inhalt (also ich) sein. Die Borte wird mit doppelseitigem Klebeband in der richtigen Höhe (möglich im zylindrischen statt im konischen Bereich der Urne) befestigt. Um die Borte möglichst gerade anzubringen, habe ich mit gelbem Filzstift eine dünne Hilfslinie angebracht, indem ich den Stift auf einem Bücherstapel der richtigen Höhe legte und die Urne drehend daran vorbeiführte.
Für die Vorderseite und den Deckel habe ich zwei runde Boron-Aufnäher gewählt - einmal in einer schwarzen und einmal in einer weißen Variante. Im Nachhinein gefällt mir die schwarze Variante auf der weißen Urne weitaus besser - aber egal. Muss ja nur mir gefallen, und ich kann die Oberseite des Deckels, wenn ich drin liege, ohnehin nicht mehr sehen. Auch die beiden Aufnäher werden mit beidseitigem Klebeband so befestigt, dass sie möglichst mittig über der Borte bzw. dem Mittelpunkt des Deckels liegen.
Darf ich vorstellen: Meine Grabstätte! |
Und das war es schon: Die Boron-Urne ist fertig! Schnell gemacht, sieht nett aus, und ist von den Kosten her höchst erschwinglich. 79 € für die Urne, 8,25 € für die Borte und 11 Euro für die Aufnäher - mit knapp unter 100 € ist man dabei. Und hat die Gewissheit, dass man in einer Urne seine letzte Ruhe finden wird, die dem Gott des Todes und des Schlafes zur Ehre gereichen wird.
Das Fazit
Will ich damit jetzt andeuten, dass jeder meiner Leser sich jetzt schon so ein makaberes Ding in den Keller stellen soll? Nein, natürlich nicht. Auch als Geschenk für den Schwiegervater oder den nervigen Spieler, der immer wieder die Pläne des Meisters durchkreuzt, ist eine Urne höchst unpassend. Aber seien wir mal ehrlich: Wenn mich irgendwann mal der Schlag trifft, oder ich an der Haustür stehend und auf die nächste DSA-Lieferung wartend von einem DHL- oder Amazon-Laster umgemäht werde, werden meine Angehörigen sicherlich dankbar sein, dass sie sich wenigstens nicht auch noch um die Urne Gedanken machen müssen.
Übrigens gibt es, für die künstlerisch begabten unter Euch, auch Urnen zum Selbstbemalen. Und eigentlich spricht auch nichts dagegen, sich seine Urne von seinem Lieblings-DSA-Künstler gegen Entlohnung bemalen zu lassen. Vielleicht gönnt Ihr Euch aber - wenn Ihr weniger auf Grillfleisch steht als ich - auch direkt einen formschönen Sarg mit Boron-Intarsien, und eingravierten Bildnissen der Heiligen Noiona und Etilia. Oder darf es ein Grabstein mit gebrochenem Rad, oder fliegendem Diskus sein? Vielleicht packt Ihr in die Urne auch gleich noch einen laminierten Heldenbrief mit Euren irdischen Lebensdaten, ein selbstgestaltetes Brevier mit Eurer Lebensgeschichte in wasserfester Tupperdose oder einen USB-Stick mit Euren Forenbeiträgen oder Fanwerk-Abenteuern? Lasst Eurer Fantasie freien Lauf. Euer Leben war voller fantastischer Abenteuer - warum sollte Euer Tod plötzlich langweilig und öde beginnen?
Schreibt mir doch bitte, wenn Ihr selbst noch Ideen für einen würdigen Abgang mit DSA-Bezug habt. Oder auch, wenn Ihr das Thema absolut unerträglich und daneben findet. Ich freue mich auf jede Rückmeldung zu diesem, selbst für meine Verhältnisse ungewöhnlichen Artikel. Und auf all die vielen Jahre und Jahrzehnte, die meine Urne hoffentlich noch ungenutzt in ihrem Karton im Keller auf mich warten wird...
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