Bastel-Marathon 21: Würfelturm

Jeder DSA-Spieler kennt das Problem: Die Helden stapfen durch die Wildnis, als plötzlich etwas im Gebüsch raschelt. Der Meister bittet um eine Sinnesschärfen-Probe. Prompt werden Würfel hervorgekramt, Würfelbecher oder Würfelarena bemüht, und schon geht die Rätselei los: Was der grün gesprenkelte Würfel jetzt Klugheit oder Intuition? Wir zeigen Euch einen speziellen Würfelturm, der das Würfelergebnis endlich eindeutig macht. Und nebenbei zollen wir noch einem Abenteuer-Klassiker Tribut!
Dies ist Teil 21 einer 24-teiligen Reihe von Bastel-Artikeln, die vom 01. bis 24. November 2018 erscheinen. Dieser ungewöhnliche Adventskalender kommt einen Monat zu früh, um allen Bastelwilligen noch genug Zeit zu lassen, um ihre Ideen bis Weihnachten in die Tat umzusetzen. Eine Übersicht über alle Artikel findet sich hier.

Die 3W20-Probe

Wer eine 3W20-Probe ablegt, muss sich immer darüber im Klaren sein, welcher Würfel für welche Eigenschaft steht. Es gibt verschiedene Konzepte, um das sicherzustellen: Drei feste Würfel, die mit Hilfe ihrer Farben eindeutig als erster, zweiter und dritter Wert festgelegt sind. Der Meister muss sich, will er das Ergebnis kontrollieren, also alle Würfel-Farbschemata aller Spieler merken. Alternativ kann das von DSA5 vorgeschlagene (und mit dem offiziellen DSA5-Würfelset schön umgesetzte) feste Würfel-Farbschema nach Paramanthus verwendet werden, das jeder der acht Eigenschaften eine festgelegte, im Regelwerk vorgeschriebene Farbe zuordnet. Der Nachteil: Sollte für eine Probe eine Eigenschaft mehrfach auftauchen, müssen entsprechend mehrere farbige Würfelsets vorhanden sein oder Würfel mehrfach geworfen werden.

Dies erfordert auch der zweite Lösungsansatz: Es wird einfach nur ein Würfel verwendet, der dafür dreimal hintereinander geworfen wird. Das hat natürlich den Vorteil, dass die eigentliche Würfelprobe spannender wird, weil oft erst der dritte Wurf über Erfolg oder Misserfolg entscheidet. Dafür dauert die Durchführung der Probe auch entsprechend länger.

Der Original-Purpurturm (rechts) und das grob nachgebaute Modell in Sketchup (links)

Es gibt diverse Lösungen für den komfortablen, nicht manipulierbaren Würfelwurf, die alle ihre Anhänger in der Spielerschaft haben: Würfelbecher, Würfelmatten (auch Würfelarenen genannt), Würfeltürme, Würfelmaschinen, Würfel-Apps... jede von ihnen hat ihre speziellen Vorzüge und Nachteile. Aber das Problem der eindeutigen Identifizierbarkeit des ersten, zweiten und dritten Würfels hat außer der Würfel-App noch keine von ihnen gelöst.

Der Würfelturm

Und so überkam mich eines Tages die Idee, man könnte doch einen Würfel-Turm entwerfen, der nicht wie üblich einen Einwurftrichter und eine Ausrollfläche bietet, sondern gleich drei davon. So könnte man sicherstellen, dass die Würfel zwar ordentlich vom Turm herumgewirbelt werden, gleichzeitig aber auch in drei getrennte Fächer fallen, die von links nach rechts den ersten, zweiten und dritten Würfel der W20-Probe kennzeichnen.

Meines Wissens nach gab es einen solchen dreigeteilten Würfelturm nirgends auf dem Markt, und so machte ich mich daran, selbst einen zu entwerfen. Erst im letzten Monat lernte ich dann auf der Spiel 2018 in Essen das Spiel Walls of York kennen, das mit einem Würfelturm für 3 sechsseitige Würfel daherkommt. Zwar ist dieser Würfelturm vermutlich zu klein, um einen W20 durchzulassen, und die Fächer, in denen die Würfel landen, sind für einen W20 ungünstig geneigt, sodass eine eindeutige Ablesung schwierig werden könnte. Aber es ist ein dreigeteilter Würfelturm, und ich war etwas enttäuscht, nicht der erste mit dieser Idee gewesen zu sein.

Der dreigeteilte Würfelturm von Walls of York

Aber was soll's: Immerhin konnte ich immer noch der Erste mit einem 3W20-Würfelturm sein. Und so warf ich mal wieder meine geliebte 3D-Software SketchUp an, und begann zu zeichnen.

Der Purpurturm

Doch wie sollte mein neuer Würfelturm aussehen? Als ich über das Aussehen von Türmen in DSA sinnierte, kam mir ein sehr bekanntes Exemplar in den Sinn, durch das sich unsere Gruppe vor fast 30 Jahren gekämpft hatte: Der Purpurturm! Ein etwas unmotiviert im Orkland herumstehender Turm, der einzig dem Zweck dient, den Helden im gleichnamigen Abenteuer den zweiten Teil der Schatzkarte zum Orkenhort zukommen zu lassen. Sicherlich aus heutiger Sicht kein bahnbrechendes Abenteuer was Plausibilität und Kanonizität angeht - aber ein lieb gewonnener Klassiker, den sicherlich viele DSA-Spieler zu Beginn ihrer Karriere erlebt haben

Über das Aussehen des Turmes gibt es zwei sich widersprechende Quellen: Während das wie immer hervorragend von Cover-Künstler Ugurcan Yüce illustrierte Cover den Turm als rechteckiges Bauwerk mit grünem Bewuchs von der Oberkante her dargestellt hat, spricht das Abenteuer selbst von einem runden Turm, der vom Fuß bis etwa einen Meter unter der Zinne durchgehend mit Blutblatt bewachsen ist. Da die meisten Speler vermutlich wie ich nur noch das Titelbild vor dem geistigen Auge haben, entschied ich, mich an diesem zu orientieren.

Zunächst versuchte ich mich an einem recht voluminösen Modell mit quadratischem Grundriss, das ich als 3D-Druck in die Realität zu bringen gedachte. Die äußere Form wurde - soweit erkennbar und praktikabel - am Yüce-Cover angelehnt, Tür, Fenster, Zinnen und Seitentürme orientierten sich an der Vorlage.

Der erste Entwurf des Purpurwürfelturms

Leider stellte sich irgendwann heraus, dass das Modell so zwar schön aussah, aber erstens nicht druckbar war, weil mein eigener 3D-Drucker während des Drucks immer wieder an Überhängen, etc. ausstieg und die Drucker bei i.materialise mit mehreren hundert Euro einfach viel zu teuer gewesen wären. Zweitens war der quadratische Grundriss viel zu voluminös war, sodass ich Probleme hatte, den Turm mit drei sinnvollen Würfelschächten zu füllen.

Ein verworfener Zwischenentwurf

Also überarbeitete ich das Modell, um stattdessen ein Papiermodell daraus zu machen. Aus dem quadratischen Modell wurde ein sehr viel schlankeres Bauwerk mit rechteckigem Querschnitt, der Innenraum wurde nun nahezu vollständig von den Würfeln durchlaufen. Da ich mit einem Papiermodell nicht den selben Detailgrad wie bei einem 3D-Druck erreichen kann, wurde die Fassade abgespeckt, die Tür wurde nur noch aufgemalt und nicht mehr physisch eingerückt. Um alle drei Würfel gleichzeitig werfen zu können, wurde ein Schieber in die Rückseite eingebaut, der, wenn er herausgezogen wird, den Weg durch die Schächte freigibt.

Die vereinfachte Papier-Front des Turms

Die einzelnen Flächen des fertigen 3D-Modell wurden dann "nur noch" in die Ebene gedreht und mit Klebestegen versehen, sodass man die einzelnen Bauteile ausschneiden und zusammenkleben kann. Die Einzelteile wurden auf vier DIN A4 Seiten angeordnet und zu einer PDF-Datei exportiert.

Der halbwegs fertige Entwurf des Würfelturms

Ich muss gestehen, dass meine ausgedruckte Version noch in der Ecke liegt und darauf wartet, dass ich mit Kleber und Schere bewaffnet zur Tat schreite. So habe ich bisher noch keine Ahnung, ob das Modell, das in meinem Kopf und am Computerbildschirm entstanden ist, sich so tatsächlich in ein physisches Papiermodell umwandeln lässt. Ich hoffe, nach dem Schreiben des letzten Bastel-Marathon-Artikels endlich Zeit zu finden, um meinen Würfelturm Realität werden zu lassen.

Die vier Seiten des Baselbogens in der Übersicht

Für jeden von Euch, der nun auch Lust auf's Basteln hat, stelle ich den Bastelbogen als PDF-Datei zur Verfügung - allerdings wie gesagt ungetestet und auf eigene Gefahr! Eine Bastelanleitung gibt es (noch?) nicht, es muss somit etwas getüftelt werden, welches Teil wofür benötigt wird. Sollte jemand von Euch es schaffen, das Modell fertigzustellen, würde ich mich über Erfolgsberichte freuen. Auch Probleme mit dem Modell möchte ich natürlich kennen, sodass ich auch Fehlerberichte dankend entgegennehmen würde.

Wohlan, tapfere Recken, macht Euch auf, den lang vergessenen purpurnen Turm im Orkland wieder zu entdecken, und mit ihm endlich ein für allemal das Problem der eindeutigen W20-Probe zu lösen!

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