Würfelspiel: Drachen-Jagd
Die erste Veröffentlichung des Schelms im Scriptorium Aventuris ist erschienen. Ist es ein Abenteuer? Eine Spielhilfe? Ein Roman? Eine Würfeltabelle? Nein, viel banaler: Ein kleines banales Würfelspiel wartet darauf, von gelangweilten Recken (möglichst jüngeren Alters) gespielt zu werden. Begleitet den Schelm auf die Drachen-Jagd!
Die Entwicklung
Wer heute mal einen Blick in das Scriptorium Aventuris geworfen hat, könnte vielleicht eine neue Publikation gesehen haben: Drachen-Jagd von einem gewissen Kai Frerich. Kleine Straßen mit Würfelsymbolen führen durch Wälder und Gebirge, und einzelne Monster-Abbildungen aus dem für das Scriptorium bestimmten Illustrations-Paketen sind unmotiviert an den Wegesrand geklatscht. Was will uns der Schelm mit diesem banalen Quatsch bitte sagen?
Ausschnitt aus dem Spielplan von "Drachen-Jagd" |
Die Geschichte hinter Drachen-Jagd ist schnell erzählt: Wir waren vor ein paar Wochen mit einem befreundeten Ehepaar und deren beiden Kindern verabredet, um gemeinsam in einen Indoor-Spielplatz zu gehen. Da einer der beiden Jungs unserer Freunde vor nicht allzu langer Zeit Geburtstag hatte, musste noch ein Geschenk her. Es war mittlerweile aber bereits Samstag Abends, die Geschäfte hatten zu, und so galt es, auf die Schnelle ein Geschenk zu improvisieren.
Bereits vor ein paar Jahren hatte ich ihm (er damals noch fünf Jahre alt) ein Würfelspiel namens Ritter Nik rettet die Burg gebastelt, bei dem man eine Burg vor angreifenden Rittern verteidigen musste, und mir beim Basteln des Spiels direkt mit dem Cutter-Messer eine Fingerkuppe abgesäbelt (die zwar wieder zugewachsen ist, aber dennoch noch heute manchmal wehtut). Das Spiel war nicht sonderlich spannend oder gut, und wurde vermutlich auch nur einmal gespielt, weshalb ich diesmal beschloss, ihm ein etwas anspruchsvolleres (und besseres?) Spiel zu schenken.
Hauptinspiration war das schöne Roll&Write-Spiel Dizzle von Ralf zur Linde, bei dem man Ketten von Würfeln auf einem Spielplan abkreuzen muss, um Spezialsymbole zu erreichen und Punkte zu sammeln. Während bei Dizzle die Würfel einmal geworfen und dann reihum einzeln genommen werden, sollte Drachen-Jagd das bewährte und bei Groß und Klein bekannte Kniffel-Prinzip verwenden: Würfle Deine Würfel bis zu drei Mal, wobei jedes Mal beliebig viele Würfel wieder reingenommen werden dürfen. Die am Ende übrig bleibenden Würfel dürfen dann auf dem individuellen Spielplan abgekreuzt werden, um schließlich irgendwann das Ziel - den gefährlichen Höhlendrachen - erreichen und besiegen zu können.
Das eigentliche Spiele war in gut zwei Stunden fertig, die grafische Gestaltung des Prototyps nahm weitere zwei Stunden in Anspruch. Ich klaute mir irgendwelche Monster-Bildchen aus dem Netz, zeichnete Straßen mit einer für den Privatgebrauch kostenlosen Würfel-Schriftart (zur Sicherheit habe ich im Nachhinein noch eine professionelle Lizenz für die Verwendung der Schriftart in kommerziellen Projekten für 10$ gekauft), und spielte das Ergebnis einmal mit meiner dreijährigen Tochter Probe. Es lief ganz gut (wenn man die notorische Unaufmerksamkeit einer Dreijährigen ignoriert), und so wagte ich es, das Spiel am Sonntag Nachmittag den beiden Jungs im Indoor-Spielplatz zu überreichen. Natürlich waren alle Kinder in der vollen und lauten Halle viel zu aufgeregt, um ein langweiliges Würfelspiel zu spielen. Aber Niks Mutter und ich spielten eine Partie, und ich fand, dass es für einen improvisierten Prototypen recht gut lief. Und mir sogar Spaß machte!
Erster Prototyp (links) und fertiger Spielplan (rechts) |
Also beschloss ich, für den am kommenden Wochenende folgenden Geburtstag eines anderen Freundes (der dafür berüchtigt ist gerne Würfelspiele zu spielen) ebenfalls eine Version von Drachen-Jagd zu erstellen, diese grafisch etwas anspruchsvoller zu gestalten und noch eine Pappschachtel zu gestalten und zu bekleben (es wurde einfach eine alte Box eines der zahllosen Exit-Spiele von Kosmos wiederverwendet). Für die Häuser, Wälder und Berge leistete ich mir sogar eine Jahreslizenz für das schöne Karten-Tool Inkarnate, mit dem ich in wenigen Minuten eine ansprechende Umgebung für die Würfelstraßen zaubern konnte. Die Spielpläne wurden ausgedruckt, mit Schraubzwingen zu einem Block zusammengepresst und mit Holzleim zu einem Abreißblock verklebt.
Das Geschenk kam gut an, die Testspiele machten dem Beschenkten Spaß, und so dachte ich mir, es könnte nicht schaden, das Spiel auch mal ein paar anderen Spielern zugänglich zu machen.
Der Entwurf für eine Spiele-Verpackung (hier noch mit dem Arbeitstitel "Drachen-Kniffel") |
Da ich für die "hübsche" Variante einfach einige Bilder aus den Scriptoriums-Illustrations-Paketen missbraucht hatte, war klar, dass ich das Endresultat ebenfalls nur noch im Scriptorium veröffentlichen darf. Also habe ich heute morgen die zwei DIN-A4-Seiten-PDF hochgeladen, und bin nun gespannt, ob irgendjemand Interesse hat, dieses offensichtlich für Kinder gestaltete Spiel zu spielen.
Das Spiel
Um dem Spiel wenigstens einen kleinen DSA-Bezug zu verpassen, habe ich die mehr als dürftige Handlung einfach in die Drachensteine verlegt und eine kurze Hintergrundgeschichte geschrieben:
"Endlich habt Ihr das Dörfchen Koppingen am Fuss der Drachensteine erreicht. Am Dorfplatz liegt eine Taverne. Ihr betretet den Schankraum. Die Stimmung ist gedrückt. Der Wirt berichtet, dass seit Monaten ein Höhlendrache die Gegend unsicher macht und Vieh reisst. Nun hat er sogar die Tochter des Dorfschulzen entführt! Ihr Vater hat eine hohe Belohnung für denjenigen ausgesetzt, der seine Tochter befreit. Doch der Weg durch den Wald und die Berge ist gefährlich: Zahlreiche Monster hausen dort. Wer Glück hat, kann unterwegs Waffen oder Rüstungen gefallener Abenteurer finden, die Euch im Kampf gegen den Drachen helfen werden. Ihr trinkt Euer Bier aus und macht Euch auf den Weg..."
Und so nimmt das glückslastige Spielgeschehen seinen Lauf: Die Spieler würfeln reihum mit drei Würfeln, deren Ergebnisse bis zu zweimal neu geworfen werden dürfen. Mit dem Resultat werden Würfelfelder auf einem der vier Startpfade abgestrichen. Die Pfade verzweigen sich mehrfach oder verschmelzen miteinander, sodass man stets mehrere Wege zur Auswahl hat, die man als nächstes entlang gehen möchte.
Wer bei einem der Monster angekommen ist, muss diese besiegen, indem alle abgebildeten Würfelsymbole auf einmal gewürfelt werden. Anfangs werden nur drei Symbole benötigt, später aber auch vier oder gar sechs für den Endgegner-Höhlendrachen. Für jeden besiegten Gegner erhält man einen zusätzlichen Würfel, sodass man, um den Drachen besiegen zu können, drei andere Gegner besiegt und somit die Würfelzahl auf das Maximum von 6 gesteigert haben muss.
Ausschnitt aus dem Spielplan von "Drachen-Jagd". Illustrationen aus dem Scriptoriums-Paket und von Incarnate |
Erreicht man mit seinen Würfeln ein Rüstungsteil oder eine Waffe, werden zusätzliche Funktionen freigeschaltet: Jede Rüstung dient als einmalig verwendbarer Joker, während jede Waffe das Hoch- oder Runterdrehen eines Würfels um 1 erlaubt. Es gilt also geschickt zu taktieren, ob man den Umweg auf sich nehmen möchte, um Waffen, Rüstungsteile einzusammeln und zusätzliche Monster zu erschlagen, oder ob man lieber direkt in Richtung Drache stürmt, gegen den man ohne Joker aber leider nicht viele Chancen hat.
Wer zuerst den Drachen erreicht und besiegt, gewinnt das Spiel. Damit es ausgeglichen ist, sollte jeder Spieler gleich oft am Zug sein. Würfel, die ein Spieler nicht einsetzen kann, können von seinen Mitspielern mitbenutzt werden.
Das Fazit
Tja, und das war's auch schon: Wie angedroht ist Drachen-Jagd (das übrigens ursprünglich Drachen-Kniffel heißen sollte, dann aber aus markenrechtlichen Gründen davon Abstand genommen wurde) ein sehr einfaches Spiel, das nur Leuten Spaß macht, die entweder nicht sonderlich anspruchsvoll sind oder noch der Volksgruppe der Kinder zugerechnet werden können. Ich warne explizit davor, dass das Spiel rein gar nichts mit Aventurien zu tun hat, und man keinesfalls Geld dafür ausgeben sollte: Das Spiel ist aus Gründen der Neugierde als Pay-what-you-want eingetragen, aber dennoch erwarte ich nicht, dass irgendjemand dafür Geld investiert. Falls jemand von Euch das Spiel herunterlädt, ausprobiert und mir dann hier seine Meinung zu diesem Machwerk schickt, ist mir das Belohnung genug - selbst wenn es sich um den erwarteten Verriss handeln sollte. Alle Geldspenden, die im Scriptorium gemacht werden, werde ich für einen besseren Zweck weiterspenden.
Ich wünsche Euch viel Spaß mit Drachen-Jagd, hoffe, dass Ihr mir in den Kommentaren von Euren Erfahrungen berichten werdet, und verspreche mich zu bemühen, irgendwann mal ein sinnvolleres Scriptoriums-Produkt erstellen und hochladen zu können.
Das Würfelspiel "Drachen-Jagd" ist für 2 bis 4 Spieler ab 5 Jahre und dauert ca. 30 Minuten. Es kann kostenlos im Scriptorium Aventuris heruntergeladen werden.
Was ich bisher sehe, sieht sehr nett aus und offenbar hast Du Dir bei der Spielmechanik etwas gedacht. Kann sich so mancher Verlag eine Scheibe abschneiden. Oh sorry darauf wollte ich gar nicht anspielen...
AntwortenLöschenNaja: In zwei Stunden und ohne Probespielen kann man sich bei so einem Spiel nicht allzu viel denken. Man kann das Spiel aber tatsächlich gut spielen, und ich habe schon deutlich schlechtere Spiele erfunden. Mit sechs Leuten und experimentellen Regeln war es aber eher zäh und schmerzhaft. Etwas abschneiden sollte sich von diesem Spiel am Besten kein Verlag! Dir jedenfalls wie immer vielen Dank für's Lesen!
LöschenKlingt doch lustig! Nur würde ich für ein Spiel ab 6 Jahren in der Hintergrundgeschichte vielleicht auf die Aufforderung, sein Bier auszutrinken verzichten und stattdessen einen Krug, Humpen oder ein Glas ungenannten Inhalts leeren lassen ;-)
AntwortenLöschenGuter Einwand! Aber da wir hier von einem Rollenspiel aus dem Land des Reinheitsgebots reden, vertrete ich jetzt einfach die gewagte These: Wer loszieht, um einem Drachen fachgerecht in kleine anatomische Einheiten zu zerlegen, der sollte auch mental in der Lage sein, die Existenz von alkoholischen Getränken anzuerkennen! Das können die Kinder gar nicht früh genug lernen! Ich selbst zum Beispiel durfte schon mit unter einem Jahr bei meinem Vater am Bierkrug nippen (davon gibt es sogar Super-8-Beweisfilme) - und bin prompt zum strikten Antialkoholiker geworden! Danke, Papa! Und danke Dir, Björn, für's Lesen!
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