Schelm-Funding!

Eine Havena-Spielhilfe hier, ein Liebesregelband da, dann noch ein paar Miniaturen, ein Brettspiel und ein paar Bücher über Rollenspiel-Theorie... Darf's vielleicht noch eine Schwarze Katze dazu sein? Crowdfundings sind im Brett- und Rollenspiel-Sektor seit Jahren der heiße Scheiß, und auch wenn so mancher in der Community murrt und schon mal vorauseilend Nachrufe auf den guten alten Rollenspiel-Laden verfasst, scheint Schwarmfinanzierung als zusätzliches Standbein für die meisten Rollenspiel-Verlage kaum ignorierbar zu sein. Der Schelm als akut Betroffener hat sich ein paar Gedanken zum Thema gemacht.

Die Schwarmfinanzierung

Crowdfundings an sich sind kein besonders neues Thema: Der Sockel der Freiheitsstatue wurde im Jahr 1885 von 120.000 freiwilligen Spendern finanziert, die teilweise nur wenige Cent beisteuerten, dafür aber eine namentliche Nennung in der New York World von Joseph Pulitzer erhielten und sich so einen Platz in den Geschichtsbüchern sicherten. Auch Kriegsanleihen könnten, bei sehr generöser Auslegung, als Form des Crowdfundings interpretiert werden, dienen sie doch ebenfalls dazu, dem Projektinitiator, also hier dem kriegsführenden Land, durch finanzielle Unterstützung von vielen Kleinspendern ein großes Gesamtziel, nämlich den Sieg, zu erreichen.

Glücklicherweise müssen wir uns heute mit weniger martialischen Projekten auseinandersetzen, wenn wir auf Kickstarter, Indiegogo, Startnext oder Game On Tabletop unser sauer verdientes Geld investieren. Seit dem Aufkommen der ersten Crowdfunding-Seiten vor etwa zehn Jahren hat sich das Geldsammeln per Internet zu einem durchaus erfolgreichen und gern eingesetzten Vertriebsweg entwickelt.

Ein paar aktuelle DSA-Crowdfundings

Natürlich ist Crowdfunding auch immer mit einem mehr oder weniger großen Risiko behaftet. Nicht immer verlaufen die Projekte so, wie in der ursprünglichen Ausschreibung versprochen, und nicht wenige Unterstützer haben ihr Geld sang- und klanglos im Limbus entschwinden sehen. Auch wenn viele Unterstützer es nicht wahrhaben wollen: Ein Crowdfunding ist nur in den wenigsten Fällen eine Vorbestellung eines fast fertigen Produkts. Oftmals liegt zwischen der Unterstützung (dem "Pledge") und der Auslieferung des herbeigesehnten Produkts ein schmerzhafter Herstellungs- und Lernprozess, der in vielen Fällen anders verläuft, als die Projektersteller sich das gewünscht haben. Kickstarter ist nicht Amazon!

Der Schelm (also ich) ist im gefährlichen Sumpfland der Schwarmfinanzierung kein Anfänger. Mittlerweile habe ich 56 Projekte bei Kickstarter, 6 bei Indiegogo, 2 bei Startnext und 6 bei Game On Tabletop unterstützt. 70 Projekte in sechs Jahren - genug Erfahrungswerte, um einen Zwischenbericht zu verfassen, und meine persönlichen Erfahrungen - positive wie negative - mit allen Interessierten zu teilen.

Die Finanzierungsphase

Auch wenn die meisten es vermutlich wissen, sei noch einmal kurz erklärt, wie ein typisches Crowdfunding abläuft. Meist beginnt es mit einer Ankündigung auf einer Webseite hier, einer zufälligen Entdeckung auf Twitter da, einer kurzen Erwähnung in den Kommentaren eines anderen Kickstarter-Projekt dort. Ehe man sich versieht, landet man als potentieller Unterstützer (auch Backer genannt) auf einer Crowdfunding-Seite, die mit bunten Versprechungen nur so um sich wirft und leicht beeinflussbaren Menschen wie mir irgendein tolles, neuartiges, noch nie dagewesenes oder cooles Produkt, sprich: das Blaue vom Himmel verspricht. Das Erste, was man sieht, ist zumeist das Werbevideo, das in wunderschönen Bildern die Vorzüge des zu finanzierenden Produkts anpreist.

Die Game-On-Tabletop-Seite für das DSA-Brettspiel Schatten der Macht

Eine kleine Warnung vorweg: Fehlt ein solches Werbevideo, und ist die ganze Seite eher dilettantisch und amateurhaft gestaltet, sollte man heutzutage eher die Finger von dem Projekt lassen, da meist auch die zugehörige Kampagne nicht mit der notwendigen Professionalität angegangen wird. Wer sich über Aggregierungsseiten wie Kicktraq regelmäßig über neue Crowdfundings informiert, wird immer wieder auf skurile Hobbyprojekte stoßen, bei denen ein "genialer" Erfinder seine Maschine zur Lösung aller Energieprobleme der Menschheit oder zur Bezwingung der Schwerkraft präsentiert, die nur noch ein paar Tausend Euro von der Realisierung entfernt sein soll. Da bisher meines Wissens nach noch nie eine funktionierende Welt-Rettungs-Maschine bei Kickstarter realisiert wurde, und auch die Schwerkraft beim letzten Nachsehen noch wie erwartet funktionierte, würde ich derartigen Versprechung eher mit dem notwendigen Körnchen Salz begegnen.

Die Pledges

Die meisten Crowdfunding-Projekte bieten verschiedene sogenannte Pledge-Levels an, also verschiedene Stufen der Unterstützungshöhe, die unterschiedlichen Belohnungen entsprechen. Je höher der Pledge-Level, desto wertvoller die spätere Belohnung. Das kann entweder eine besonders teure Ausstattung des Endprodukts sein, oder eine Nennung in eine Buch oder Film-Abspann, oder bei besonders hohen Unterstützer-Leveln (meist in Bereich von mehreren Hundert oder Tausend Euro) auch ein Besuch der Fertigungsanlage oder der Büros der Projektgründer.

Bei der Auswahl des ausgewählten Pledge-Levels sollte man vorsichtig vorgehen: Oftmals ist man von den Versprechungen des Werbevideos oder der verlockenden Bilder und Beschreibungstexte dermaßen verblendet, dass man schnell unschöne Reflexkäufe tätigt. Unschön deshalb, weil ein Zurücktreten von einem einmal getätigten Finanzierungsversprechen meist nicht mehr möglich oder mit sehr viel Bürokratie verbunden ist. Hingegen unterstützen meines Wissens nach alle Crowdfundings das spätere Erhöhen des Finanzierungsbetrags, sodass man später immer noch die Wahl hat, mehr Geld zu investieren. Lieber anfangs etwas vorsichtiger einsteigen! Aber Vorsicht: Wenn alle das machen würden, würde kaum ein Crowdfunding das Finanzierungsziel erreichen!

Allen Crowdfundings ist normalerweise gemein, dass eine Mindest-Finazierungssumme eingespielt werden muss, bevor das Projekt tatsächlich realisiert wird. Das Festlegen dieser Mindestsumme ist eine Kunst für sich: Ist sie zu hoch angesetzt, kommt das Projekt nicht zu Stande, die Unterstützer erhalten kein tolles Produkt und der Projektinitiator bleibt auf seiner geleisteten Vorarbeit sitzen. Ist sie zu niedrig,hat der Hersteller unter Umständen einen zu geringen finanziellen Puffer um etwaige Rückschläge oder Verzögerungen ausgleichen zu können.

Entscheidend für den Projekterfolg ist meist das Anbieten zugkräftiger Prämien, der sogenannten Stretch Goals. Da die Unterstützer über den Mindest-Finanzierungsbetrag hinaus kaum einen Grund haben, das Projekt mit zusätzlichen Investitionen zu unterstützen, ködert man sie mit mehr oder weniger interessanten Zusatzprämien, die beim Erreichen festgelegter Gesamtfinanzierungssummen freigeschaltet werden. Stretch Goals können kleine exlusive Gimmicks (z.B. Poster, Postkarten, gedruckte oder digitale Begleithefte) oder direkte Verbesserungen oder Erweiterungen des Hauptprodukts (z.B. verbesserte Druckqualität, zusätzliche Seiten, mehr Illustrationen, zusätzliche kaufbare Prämien) sein. Die Kunst ist dabei, die Unterstützerschaft mit einer gesunden Mischung aus hochwertigen (aber in der Produktion teuren) Zusatzprodukten und unwichtigem (aber billigen) Kleinkram bei Laune zu halten, um immer höhere Finanzierungsebenen zu erreichen.

Manchmal treiben Stretch Goals wie hier bei der Kaiser Retro Box seltsame Blüten

Die verschiedenen Crowdfunding-Plattformen unterscheiden sich in der Art der Vorfinanzierung: Während der Platzhirsch Kickstarter alle versprochenen Unterstützer-Beiträge erst nach erfolgreicher Beendigung des Finanzierungszeitraums von der Kreditkarte einzieht, müssen Unterstützer bei Indigogo und Game On Tabletop in finanzielle Vorleistung gehen. Sollte das Projekt nicht erfolgreich finanziert werden (d.h. die anvisierte Finanzierungssumme nicht erreicht werden), wird das zuvor einbehaltene Geld an die Unterstützer zurücküberwiesen.

Die Wartezeit

So oder so: Ist die Finanzierungssumme einmal erreicht und der Finanzierungszeitraum abgelaufen, wandert das Geld, abzüglich der Provision des Seiten-Betreibers, an den jeweiligen Projektinitator, der damit das Produkt zu realisieren versucht. Dann beginnt für die Unterstützer das ungeduldige Zittern!

Wenn man Glück hat, wird man nun als Unterstützer über die kommenden Wochen und Monate über den Verlauf der Produktion informiert. Im Idealfall gibt es wöchentliche Updates, manche Hersteller melden sich aber auch nur, wenn ein neuer Schritt der Produktion erreicht wurde. Hat man Pech, stehen einem entweder lange Monate der Funkstille bevor, oder man wird regelmäßig von leeren Versprechungen und vagen Aussagen über Produktionsverzögerungen hingehalten. Wer sich spätestens beim dritten vertröstenden Update verscheißert vorkommt, sollte vom Thema Crowdfunding vielleicht die Finger lassen. Meiner Erfahrung nach ist mindestens in der Hälfte der Projekte mit unerwarteten Verzögerungen und Vertröstungen zu rechnen. Das Einhalten des versprochenen Termins ist eher die Ausnahme als die Regel. Als Crowdfunding-Unterstützer sollte man ausreichend Geduld und starke Nerven mitbringen!

Wie lange es dauert, bis endlich ein fertiges Produkt beim Käufer eintrudelt, kann je nach Projektbetreiber, Komplexität des Produkts und unkontrollierbaren externen Einflüssen zwischen einigen Wochen bis zu mehreren Jahren variieren. Bereits mein zweites Crowdfunding war in dieser Hinsicht ein Extrembeispiel: Im Januar 2012 habe ich das kleine PC-Spiel Pixel Sand mit drei Dollarn unterstützt. Die Veröffentlichung des fertigen Spiels war für Oktober 2012 angekündigt. Tatsächlich mussten die anderen 1005 Backer und ich aber etwas länger warten: Erst im April 2017 wurde das fertige Spiel auf Steam veröffentlicht. Eine Verspätung von fast fünf Jahren! Und wir reden hier von einem kleinen PC-Spiel, nicht vom Hauptstadtflughafen!



Daraus lassen sich aber zwei wichtige Lehren ziehen: Erstens sind Crowdfunding-Projekte niemals planbar, d.h. man sollte nicht auf die Idee kommen, ein in einem Kickstarter-Projekt finanziertes Produkt als Weihnachtsgeschenk einzuplanen, da es mit etwas Pech erst Ostern oder später fertig wird.

Zweitens sollte man nicht gleich ungeduldig werden: Die wenigsten Kickstarter-Projekte scheitern mutwillig oder in böser Absicht. Insbesondere wenn es sich um ein kleines, unerfahrenes Team handelt, sind alle Fertigstellungstermine stets als grobe Anhaltswert und niemals als fixes Ultimatum zu sehen.

Mein Tipp: Sobald sich die Aufregung der Finanzierungsphase erstmal gelegt hat, sollte man das Projekt soweit wie möglich vergessen und abwarten. Umso größer ist die Überraschung, wenn eines Tages ein unerwartetes fertiges Produkt im Briefkasten liegt. So auch bei dem angesprochenen Pixel Sand: Nach der langen Wartezeit habe ich meine überschaubaren drei Euro ein sehr schönes Spiel bekommen, das mir einige Tage viel Spaß bereitet hat. Hätte ich mich fünf Jahre lang über das Nichterscheinen geärgert, hätte mein Blutdruck mich vermutlich vor der Veröffentlichung dahingerafft!

Die Auslieferung

Bevor der mehr oder weniger ungeduldig wartende Unterstützer endlich sein Paket in Händen hält, muss er sich zuvor meist mit einem sogenannten Pledge Manager auseinandersetzen. Da auf Kickstarter und Indiegogo die Möglichkeiten zum Anbieten von Extras, das Aktualisieren von Versandadressen und das Individualisieren von Produkten und Bestellungen nicht oder nur begrenzt möglich ist, greifen die meisten Projektinitiatoren auf Pledge Manager zurück, die die Verwaltung der Unterstützer, der Lieferadressen und der Paketzusammensetzung übernehmen. Bei einfacheren Projekten reicht allerdings oft auch die Kommunikation per E-Mail.

Die von Ulisses verwendete Platform Game On Tabletop zeichnet sich dadurch aus, dass sie selbst den Großteil der Aufgaben eines Pledge Managers übernimmt: Das Hinzubuchen von Add Ons und die Änderung der Versandadresse sind direkt auf der jeweiligen Projektseite möglich.

Bei vielen Projekten wird zusätzlich noch eine sogenannte Late Pledge Phase angeboten, in der die Unterstützer ihren Finanzierungsbetrag noch im Nachhinein erhöhen können, um weitere Extras zubuchen zu können. Das ist insbesondere für diejenigen interessant, deren Kontostand im Monat der Initial-Finanzierung keine großen Sprünge erlaubt, oder die erstmal abwarten wollen, wie sich das Projekt entwickelt. Auch hier gilt aber: Je mehr Geld direkt in der Finanzierungsphase statt während des Late Pledges ausgegeben wird, desto schneller werden das Finanzierungsziel und die darüber hinausgehenden Stretch Goals freigeschaltet!

Der Versand

Die Wartezeit ist vorbei, die Lieferadresse aktualisiert, und irgendwann kommt dann endlich die erlösende Nachricht, dass sich das fertige Produkt auf dem Weg zum Kunden befindet. Je nach Hersteller und Produkt kann das wieder ein mal mehr, mal weniger großer Grund zur Freude sein: Handelt es sich um ein technisches Gadget aus China, kommen oftmals ein paar Wochen Versand per Containerschiff auf einen zu. Oftmals werden bei US-basierten Unternehmen die fertigen Produkte erstmal in die USA geliefert, und von dort in den Rest der Welt verteilt. Daher sollte man auch hier sehr viel Geduld mitbringen. Vier Monate reine Lieferzeit habe ich schon erlebt!

Überhaupt muss noch das leidige Thema Versandkosten angesprochen werden. Diese können oftmals extrem ins Geld gehen. Manche Projektgründer geben nur Schätzwerte an und berechnen die exakten Kosten erst nach Fertigstellung des Projekts. Nachzahlungen sind zwar sehr selten, aber nicht unmöglich!

Nicht vergessen sollte man bei Auslandslieferungen auch immer das leidige Thema der Zollgebühren. Ohne in irgendeiner Form Experte auf diesem Gebiet zu sein, kann ich hier leider nur rechtsunverbindlich behaupten, dass alles was nicht aus dem EU-Ausland bzw. Schengenraum kommt und über 22 Euro kostet vor dem Empfang nachversteuert werden muss, was in zusätzlichen 19% Einfuhrumsatzsteuer des Produktpreises plus Versandkosten resultieren kann. Diese Zusatzkosten sollte man bereits bei der Projektunterstützung bedenken!

Wir DSA-Spieler haben es dabei glücklicherweise einfach: Alle bisher von Ulisses angebotenen Crowdfunding-Projekte wurden selbstverständlich immer von Waldems-Steinfischbach aus verschickt und unterliegen daher keinen zusätzlichen Zollgebühren (auch wenn man sich im Hochtaunus durchaus wie in einer anderen Welt vorkommen kann). Auch von den Versandgebühren ist man für gewöhnlich befreit, solange man nichts ins Ausland bestellt.

DSA-Crowdfundings

Da der Großteil der DSA-Leser mittlerweile ob der obigen Textwüste genervt die Augen rollen dürfte und sich fragt, was zum Namenlosen das alles mit unser aller Lieblingsrollenspiel zu tun haben mag, habe ich mich mal an einer Zusammenfassung aller bisherigen DSA-Crowdfundings versucht, an denen ich bisher teilgenommen habe. Wie zufrieden bin ich mit dem Verlauf und Endergebnis der Kampagne, bzw. was sind meine Erwartungen für noch nicht abgeschlossene Projekte.

DSA1 Remastered: Die Kaiser Retro Box

Alles begann am 27. Juli 2017: Ulisses Spiele verkündete feierlich den Beginn des Crowdfundings zur Kaiser Retro Box, dem Versuch, DSA-Publikationen, die seit über 30 Jahren nicht mehr käuflich zu erwerben waren, wieder für neue Generationen (oder nostalgiebedürftige Veternanen) verfügbar zu machen. Und es war nicht zu leugnen, dass Ulisses damit einen Nerv getroffen hatte! Das sehr bescheidene Initial-Finanzierungsziel von 2.500 € wurden innerhalb von 20 Minuten übertroffen, am Ende hatten 802 Unterstützer mit fast 108.000 € das 43-fache eingespielt.

Der beeindruckende Umfang der Kaiser Retro Box

Im April 2018, also ca. vier Monate nach dem angekündigten Erscheinungstermin, trudelte bei den Unterstützern die bis zu vier Kilogramm schwere Box ein, die neben den Neuauflagen der ersten DSA-Basisbox, der Werkzeuge des Meisters und des Abenteuer-Ausbau-Spiels insgesamt acht Abenteuer in den Varianten "Remastered" und "Let's Play", Meisterschirme, Würfel, Pläne, Pappaufsteller, Poster, Pläne des Schicksals und Aventurische Boten enthielt. De facto wurden im Verlauf der Kampagne so viele Extras freigeschaltet, dass Ulisses unterwegs sogar die Ideen für neue Stretch Goals ausgingen und man aus purer Verzweiflung Markus Plötz kostümiert in Let's Plays schicken musste. Mit diesem durchschlagenden Erfolg für 33 Jahre alte Rollenspielprodukte hatte zu Beginn der Kampagne niemand gerechnet.



Ich selbst habe als fanatischer DSA-Sammler selbstverständlich alle verfügbaren Produkte des Crowdfundings gebackt, d.h. auch alle Abenteuer in beiden Varianten. Zusammen mit einigen Extras, die ich nur für die hiesige monatliche Verlosung erworben hatte, kam ich somit auf 230 €. Viele enthaltene Produkte besitze ich bereits in der Originalversion. So hatte ich schon damals die drei Boxen sowie zwei der Abenteuer gekauft, weshalb sich die Unterstützung der Box für mich eigentlich kaum gelohnt haben dürfte.

Dennoch bin ich vollkommen zufrieden mit dem Gesamtpaket, habe ich doch für mein Geld brandneue, unvergilbte, sauber gedruckte Regelwerke sowie einen ganzen Stapel an historisch wertvollen Einsteigerabenteuern erworben, in denen sich schon aus Nostalgiegründen das Stöbern lohnt. Ob die enthaltenen Extras sich nun lohnen, muss jeder für sich selbst entscheiden: Die Kommentare der Let's Play Teilnehmer sind zum Schmunzeln, rechtfertigen allein aber kaum den Kauf. Die Anmerkungen von DSA-Erfinder Werner Fuchs sind teilweise interessant, oft aber auch schon von anderen Interviews mit ihm bekannt. Das erste Promo-Solo-Abenteuer Burg der Ungeheuer, das auf der Spiel 1984 verteilt wurde, ist zwar historisch interessant, aber aufgrund der in der damaligen Veranstaltungshalle versteckten Hinweise heute kaum sinnvoll zu lösen.

Werde ich die Abenteuer der Kaiser-Retro-Box jemals wieder spielen? Vermutlich nicht. Aber spätestens wenn meine beiden Kinder in das passende Alter kommen, hoffe ich, dass die Box dann den Weg für neue DSA-Generationen eröffnen kann.

Phileasson-Prachtausgabe 1: Eisnächte

Als ich das erste Mal auf dem YouTube-Kanal von Robert Corvus von dem bevorstehenden Crowdfunding einer Phileasson-Prachtausgabe hörte, muss ich recht verwundert dreingeblickt haben. Ein großformatiger limitierter Doppelband der ersten beiden Phileasson-Romane von Robert Corvus und Bernard Hennen? Mit Kunst- oder gar Echtleder-Einband, in einem unhandlichen Formfaktor, der an das Aventurien-Lexikon oder den G7-Sammelband im Schuber gemahnt? Das kann doch unmöglich jemand kaufen, geschweige denn lesen!

Und so muss ich gestehen, dass dies das erste und einzige DSA-Crowdfunding war, dass ich übersprungen habe. Irgendwie war ich nicht gewillt, für zwei Bücher, die ich bereits im Schrank stehen habe, satte 89 € zu investieren. An einem Schwertkampf mit Bernard Hennen oder einer Tanzstunde mit Robert Corvus hatte ich auch wenig Interesse, und so sah ich mir die Finanzierungsphase als unbeteiligter Dritter interessiert an.

Insgesamt 202 Unterstützer fanden sich schlussendlich für dieses Projekt und brachten insgesamt 31.906 €. Trotz einiger Verspätung aufgrund von Produktionsproblemen (die gewählte blaue Kunstledervariante entpuppte sich als etwas zu flauschig) konnten die Bücher im Frühjahr 2018 von zufriedenen Backern in Empfang genommen werden.

Auch als Nicht-Crowdfunding-Untersützer bekam man die limitierte signierte Ausgabe

Auch wenn ich keiner dieser Glücklichen war, hatte ich doch auf dem kurz darauf stattfindenden Kaiser-Raul-Konvent in Frankfurt Gelegenheit, einen Blick in die Prachtausgabe zu werfen. Und natürlich wurde ich prompt schwach! Seither ziert das Werk stolz mein Bücherregal (direkt neben meinem gebundenen Aventurischer Boten Sammelband), und bin sehr froh, eines der streng auf 500 Exemplare limitierten Bände ergattert zu haben. Wieso ich dieses schöne Buch, das vielleicht nicht zum Lesen, aber dafür zum aus dem Regal Nehmen, vorsichtig drin Blättern und ebenso vorsichtig Zurückstellen, einlädt, nicht schon von Anfang an unterstützt habe!

Das Schwarze Auge - Das LARP-Regelwerk

Auch bei diesem Crowdfunding darf man berechtigterweise Fragen, warum zum Geier ich da mitgemacht habe: Ich bin kein LARPer, habe nie ernsthafte LARP-Ambitionen gehabt und hatte auch nie großes Interesse mehr über LARP zu erfahren. Doch irgendwie gefiel mir das Konzept dieser beiden Bücher: Ein vollfarbig illustriertes Handbuch im DIN A5 Format, das sowohl für Einsteiger als auch Profis die besten Tipps und Hinweise zusammenträgt, reich angereichert um schöne Anekdoten und passende Fotos von echten LARP-Cons. Dazu ein In-Game-Regelbuch mit Zaubern und Liturgien, wobei beide Varianten ihr eigenes Titelbild bekommen haben, sodass man das Buch durch einfaches Umdrehen vom nützlichen Zauber-Utensil in ein Geweihten-Vademecum verwandeln kann.

Eines meiner liebsten Crowdfunding-Produkte: Das LARP-Regelwerk samt Zauber-/Liturgie-Buch

Da das Werk darüber hinaus unter anderem vom netten Team von Orkenspalter-TV initiiert wurde (die sich wahrlich gut mit LARP auskennen sollten), und in dem Buch auch einige mir mittlerweile z.B. vom KRK bekannte Gesichter und Autoren auftauchen, war es eigentlich klar, dass ich das Buch unterstützen würde. Und ich habe es nicht einen Moment bereut: Insbesondere das LARP-Handbuch ist so schön, handlich, stimmig und interessant geworden, dass es eigentlich in jedes DSA-Regal gehören müsste. Allein um zu sehen, wie die sonst nur in unseren Köpfen agierenden Helden im echten Leben aussehen könnten, war dieses Projekt jeden Cent wert. Dass es darüber hinaus auch noch sehr erschwinglich war und pünktlich erschien, ist dabei nur das i-Tüpfelchen auf einem tollen Projekt!

Wege der Vereinigungen

Oha, jetzt kommt der schwierige Teil: Das Werk, das alles veränderte! Der Realtität gewordene April-Scherz, der die DSA-Community spaltete wie kaum eine Publikation zuvor, und der zu so grotesken Auswüchsen wie Autorenabgängen und Rassismusvorwürfen gegen Ulisses führte. Und das alles für ein Produkt, das nur die sonst am Spieltisch gern totgeschwiegene Sexualität in ein typisches Regelkorsett zwängen wollte. Wege der Vereinigungen.

Bevor nun wieder irgendeine weitere Diskussion aufkommt (die wir wahrlich nicht schon wieder brauchen - die Anfeindungen nach meiner März-Umfrage reichen mir für die nächsten Jahre), sei hier nur persönlich von mir angemerkt, dass ich mich sehr auf dieses Projekt gefreut habe, es im Zuge der DSANews-Berichterstattung (an der ich damals noch beteiligt war) gerne begleitet habe, und mich über das fertige Endprodukt sehr gefreut und amüsiert habe. Ich für meinen Teil fand es sehr befreiend, einmal völlig unverkrampft über Sex am Spieltisch, über Anbahnungsversuche der Helden, die Sexualmoral in den aventurischen Kulturkreisen, etc. lesen zu können. Auch kuriose Themen wie Sex-Unfälle, aventurische Penis-Ringe und Po-Stöpsel und der tolle Titelgenerator für Erotik-Literatur ("Feuchte Olisbosspiele in der Grandenvilla!") waren so wunderbar augenzwinkernd-bierernst geschrieben, dass es mir bis heute ein Rätsel ist, wieso sich jemand über dieses schöne Buch so schrecklich aufregen kann. Ein Werk, in das so viele Autoren soviel Herzblut gesteckt haben, öffentlich so zu zerreissen, nur weil in der Penistabelle für Mohas eine +1 steht, ist für mich ausgesprochen traurig.

Aber auch wer keinen Spaß an Wege der Vereinigungen hat (was ich durchaus verstehen kann), konnte in diesem Crowdfunding-Projekt eine Menge schönen Materials finden. Die detaillierte Belhanka-Spielhilfe, die dort spielenden Abenteuer und Szenarien sowie die NPCs und Ortsbeschreibungen lassen sich auch problemlos ohne Sex-Regeln wunderbar am Spieltisch verwenden. Die Sphärenklänge-CD von Ralf Kurtsiefer ist dynamisch, abwechslungsreich und vielleicht meine bisherige Lieblings-CD in der ohnehin schon guten Sphärenklänge-Reihe. Und was ich bisher von den Kurzgeschichten gelesen habe, gefiel mir ebenfalls sehr gut.

Das ausgepackte WdV-Paket in seiner vollen Pracht

Zu guter Letzt soll auch das (für mich) heimliche Highlight nicht unerwähnt bleiben: Die Überarbeitung des ohnehin schon tollen Abenteuers Namenlose Nacht, mit wir seinerzeit viel Spaß hatten, ist dank farbiger Illustrationen, neuer NPCs und weiterer Neben-Plots derartig großartig geworden, dass ich mich fast schon ärgere, das Abenteuer bereits gespielt zu haben. Wer es noch nicht haben sollte, sollte unbedingt jetzt noch zuschlagen!

Insgesamt habe ich für das Wege der Vereinigungen Paket viel Geld ausgegeben (357 €), aber auch eine unheimliche Menge Material bekommen (6,8 kg sagt meine Körperwaage - die Briefwaage war überfordert!). Sicher war da auch unheimlich viel Material dabei, was ich niemals am Spieltisch einsetzen werde (Acryl-Erregungs-Zustandsmarker!). Aber das ist bei "Standard"-Bänden wie dem Aventurischen Kompendium oder der Aventurischen Magie 2 nicht anders.

Die wichtigste Lektion, die man meiner Meinung nach aus dem WdV-Crowdfunding ziehen sollte, ist, dass alles, was in einem derartigen Crowdfunding finanziert wird, stets als freiwilliges, nicht-kanonisches, optionales Produkt gesehen werden sollte. Und dass das, was man selber für total unsinnig hält, vielleicht anderen Leuten viel Freude bringt. Wer sich nicht sicher ist, ob ein derartiges Nischenprodukt etwas für einen persönlich ist, sollte einfach abwarten und auf die ersten Vorabberichte warten. Denn glücklicherweise sind bisher alle Ulisses-Crowdfunding-Produkte früher oder später auch im normalen Vertrieb für Nicht-Unterstützer erhältlich gewesen.

Dass viele Leute an einem DSA-Sex-Band Interesse hatten, steht außer Frage: Mit 1.806 Backern und 224.510 € Einspielergebnis war das Crowdfunding für Ulisses das bisher erfolgreichste. Ob jeder mit seinem Paket schlussendlich glücklich wurde, kann ich nicht beurteilen. Für mich jedenfalls hat sich Wege der Vereinigungen insgesamt gelohnt. Auch wenn die darüber entstehende Kontroverse für alle Beteiligten und die DSA-Community insgesamt sehr belastend war!

Havena - Versunkene Geheimnisse

Auch das nächste große Crowdfunding war umstritten, wenn auch in etwas geringerem Umfang als Wege der Vereinigungen. Der Schock, dass ein vermeintlicher Kernband wie eine Stadtspielhilfe zum altehrwürdigen Havena (immerhin der ersten voll beschriebenen Stadt der DSA-Geschichte) als Crowdfunding-Projekt finanziert werden würde, saß tief bei vielen alteingesessenen Spielern, und mit ihm die Angst, dass von nun an so gut wie alles von Ulisses in Form eines Crowdfundings auf den Markt geworfen werden würde.

Ich glaube, Teil des Problems der fehlenden Akzeptanz dieser Vertriebs-Entscheidung innerhalb der Community ist der noch immer verbreitete Glaube, ein Crowdfunding wäre nur zur Finanzierung von Risikoprodukten geeignet, die über normale Finanzierungswege nicht realisierbar wären. Sicher ist das beim Großteil der per Crowdfunding finanzierten Projekte auch immer noch der Fall (der Markt für ein LARP-Handbuch oder eine Echtleder-Phileasson-Prachtausgabe sind im Voraus nur schwer abschätzbar). Bei einem begehrten Produkt wie einer Stadt- oder Regionalspielhilfe ist dieses Risiko sicherlich geringer: Ulisses kennt seine Kundschaft sehr genau und weiß in etwa, wie viele Einheiten einer DSA5-Spielhilfe vom Markt abgenommen werden.

Der Inhalt des Late Pledge Paketes für Havena - Versunkene Geheimnisse

Warum man Havena - Versunkene Geheimnisse dennoch als Crowdfunding herausgebracht hat, hat demnach weniger mit Risikominimierung beim Hauptband zu tun, sondern zum einen mit der Finanzierung der dazugehörigen Extras, sowie dem durch das Crowdfunding erzeugten Werbeeffekt. Letzter dürfte unstrittig sein: Eine über mehrere Wochen laufende Kampagne, die von allen DSA-Nachrichtenseiten, -Blogs, -Foren und -Facebook-Gruppen verfolgt und heiß kommentiert wird, erreicht sehr viel mehr potentielle Käufer als die schlichte Ankündigung eines neuen, im F-Shop verfügbaren Produkts.

Interessanter ist die erste Frage: Wie viele Extras (Stadtabenteuer, Mini-Spielhilfen, Romane und Kurzgeschichten, CDs und Gimmicks) lassen sich produzieren, bevor der Markt gesättigt ist? Auch wenn durch die beiden bisher erschienenen Regionalspielhilfen für Die streitenden Königreiche und Die Siebenwindküste bereits Erfahrungswerte vorliegen, lassen sich diese nur schwerlich 1:1 auf die Havena-Stadtspielhilfe übertragen. Insofern ist das Interesse von Ulisses, das unternehmerische Risiko zu minimieren und gleichzeitig die fast kostenlose Publicity mitzunehmen, durchaus verständlich. Solange bei der Mehrheit der DSA-Spieler keine Crowdfunding-Sättigung eintritt, die Qualität der Crowdfunding-Produkte gut ist und alle Publikationen später auch dem "normalen" Laden- und Versandgeschäft zur Verfügung stehen, kann das auch tatsächlich funktionieren.



Was ich bisher von den vorab an die Unterstützer verschickten Vorschauen gesehen habe, gibt es qualitativ kaum etwas zu meckern: Umfang, Gliederung, Gestaltung und Lektorat der Stadtspielhilfe Havena - Versunkene Geheimnisse sind auf gewohnt hohem DSA5-Niveau, das Buch ist, soweit ich das beim Überfliegen beurteilen kann, voll von Abenteuer-Aufhängern, spannenden Örtlichkeiten und Charakteren, und eine würdige Fortführung der geliebten ersten Havena-Box von 1985. Der Fokus scheint eher auf der Spielbarkeit als einem enzyklopädisch Anspruch zu liegen. Das Einsteigerabenteuer Auf ins Abenteuer - Havena wählt einen schönen erzählerischen Einstieg für bis zu 6 vorgefertigte Helden in die Sandbox Havena. In Grauen aus dem Nebel müssen die Helden seltsamen nächtlichen Angriffen auf Havener Bürger nachgehen, und decken schon bald eine Gefahr für die ganze Stadt auf. Eine sehr spannende Hintergrundgeschichte, die bei mir Lust auf ein baldiges Spielen dieses Abenteuers weckt. Wer den (sehr guten) Roman In den Nebeln Havenas und das Abenteuer Schrecken aus der Tiefe noch von früher kennt, wird wissen, was ihn erwartet, auch wenn zumindest das Abenteuer moderat erweitert wurde. Von den fünf Abenteuer-Skizzen in Seemannsgarn & Krakensilber sind zwei bereits aus dem Rollenspielmagazin Mephisto bekannt. Auch wenn ich eher ein Freund von vollwertigen Abenteuern bin, dürften Interessierte auch aus diesen sehr abwechslungsreichen Szenarien einige schöne Spieleabende herausholen können. Die Stadtkarten sind wie immer schön geraten, insbesondere die Karten zu den beiden Schiffen und dem Wachsfigurenkabinett haben es mir angetan. Für eine Beurteilung der weiteren Extras wie der Neuauflage der Havena-Box, den beiden Plüschfiguren, dem Würfelset, der Sphärenklang-CD und dem übrigen Kleinkram wird man bis zur Veröffentlichung des Gesamtpakets warten müssen, die hoffentlich in den kommenden Wochen ansteht.

Insgesamt bin ich auch hier mit dem versprochenen Lieferumfang mehr als zufrieden, und freue mich schon auf die kommenden Abenteuer in meiner zweitliebsten aventurischen Stadt. Ob die Havena-Regionalspielhilfe mit der für mich nur schwer zu übertreffenden genialen Gareth-Box mithalten kann, wird sich erst noch zeigen müssen. Aber in die richtige Richtung tendiert das bisher gesehene in jedem Fall. Ob der sich ergebende Spielspaß die investierten 456 € wert war, wird die Zukunft zeigen müssen.

Phileasson-Prachtausgabe 2: Schwertwölfe

Kein echtes Crowdfunding im herkömmlichen Sinne, konnte man den hoffentlich ebenfalls in den nächsten Wochen erscheinenden zweiten Prachtausgaben-Band zur Phileasson Dodekalogie Schwertwölfe nur in einer Vorbesteller-Aktion erwerben. Interessanterweise wurde die ebenfalls auf 500 Exemplare begrenzte Auflage nur an Unterstützer und Käufer des ersten Bandes verkauft, um unschönen eBay-Preistreibereien einen Riegel vorzuschieben.



Nachdem ich beim ersten Band ja wie oben beschrieben sehr spätentschlossen war, habe ich den zweiten Band direkt am ersten Tag unterstützt, und bin nun gespannt, wie er sich im Regal neben seinem älteren Geschwisterchen macht.

DSA-Miniaturen von Westfalia

Gerade erst zu Ende gegangen ist die Kickstarter-Finanzierung einer neuen DSA-Resin-Miniaturen-Reihe der kleinen, auf Miniaturen spezialisierten kanadischen Firma Westfalia. Für 130 € konnte man einen Satz von 33 Miniaturen erwerben, zusätzlich gab es vier einzeln erwerbbare Sondermodelle von Alrik Immerdar und den ikonischen DSA5-Helden. Natürlich musste ich auch dieses Projekt unterstützen, und habe mich sogar vom Grolm überreden lassen, mir eine personalisierte Schelmenfigur zu gönnen, die nun ebenfalls Teil der 33 Figuren werden wird.

Einige der freigeschalteten Standardfiguren

Dies ist wieder ein typische Beispiel für die Gefahren des Crowdfundings: Eigentlich brauche ich keine Miniaturen, da wir in unserer Gruppe praktisch nie in Tabletop-Manier durch Dungeons stapfen. Andererseits fand ich die Kampagne spannend, die Initiatoren nett (siehe das Interview mit Kawe), und lies mich so mitreissen meinen Geldbeutel viel zu weit zu öffnen. Fast 750 € habe ich ausgegeben, um mir eine personalisierte Figur und 36 Begleiter zuzulegen. Ist das verrückt? In jedem Fall! Aber keiner hat gesagt, dass Rollenspieler normal sein müssen!

Handbücher des Drachen II

Noch 6 Tage lang läuft das Crowdfunding zu den Handbüchern des Drachen 2, die sich, wie schon die Vorgänger, mit der Rollenspieltheorie beschäftigen und Tipps zum guten Spielleiten vermitteln wollen. Auch wenn ich eigentlich gar nicht die Zielgruppe bin (ich meistere seit über 30 Jahren DSA-Abenteuer und bin daher vollkommen beratungsresistent!), so habe ich doch Interesse halber zugeschlagen. Mal sehen, ob ich mir danach die Bücher des ersten Crowdfundings auch noch zulegen werde.


Schatten der Macht

Lange gewartet haben alle DSA-Brettspielfans auf das schon seit Äonen angekündigte Crowdfunding zu Schatten der Macht, dem "Geheimorganisationen-Risiko" auf der Aventurien-Karte. Für 50 € kann man noch bis zum 10. Oktober 2018 das Grundspiel Schatten der Macht erwerben, für weitere 30 € gibt es auch noch die Erweiterung Graue Eminenzen dazu. Eine recht stattliche Summe, die sich nur durch die kleine Auflage von unter 500 Exemplaren erklären lässt. Zusammen mit der Aventurien-Stoffkarte kommt man auf insgesamt 100 €.



Was mich bei diesem Crowdfunding etwas überrascht, ist die vergleichsweise karge und schlecht vorbereitet wirkende Kampagnenseite. Nachdem das Grundspiel schon auf der RPC 2017 recht weit fortgeschritten schien, hätte ich mir zumindest eine bessere Übersicht über das Spielmaterial, den Spielablauf etc. gewünscht. In Brettspielkreisen ist es auch nicht unüblich, bereits während der Crowdfunding-Phase die komplette Spielanleitung verfügbar zu machen, damit die Interessenten (die oftmals keine Lust haben ein 90-minütiges Let's Play anzuschauen) sich ein Bild vom Spielablauf machen können.

Die hoffentlich prall gefüllte Box des Grundspiels

Nichtsdestotrotz ist das Projekt mittlerweile finanziert und hat über 25.000 € eingespielt. Auch ich habe meinen Hut in den Ring geworfen, habe der Verlockung widerstanden eine graue Schelmen-Eminenz zu finanzieren, und warte noch freudig gespannt auf das Endergebnis, das für das kommende Frühjahr angekündigt ist. Hoffentlich werden wir das Spiel schneller auf den Spieltisch bringen als das noch immer unangetastet im Regal vor sich hinstaubende Orkensturm.

Die Schwarze Katze

Für den November erwartet uns das ebenfalls schon länger angekündigte Crowdfunding für Die Schwarze Katze, dem alternativen Havena-Katzen-Setting von Jens Ullrich. Genaue Informationen zu Preis und Umfang des Projekts sind noch nicht bekannt, sodass wir uns wohl noch bis November gedulden müssen. Einen ersten Vorgeschmack liefert die Werbebeilage im aktuellen Aventurischen Boten 191, die auch ein Interview mit dem Autor enthält.



Natürlich werde auch ich Die Schwarze Katze unterstützen, auch wenn ich selbst eher ein Hunde-Fan bin und mir auch nur schwer vorstellen kann, dass unsere Heldengruppe katzengleich durch Havena streicht, um einen Einbruch in ein Fischgeschäft zu planen. Aber lassen wir uns mal überraschen. Cool jedenfalls, dass sich derart abgefahrene Projekte, die früher niemals eine Chance gehabt hätten, heutzutage Dank Crowdfunding relativ problemlos finanzieren lassen!

Abseits des Tellerrand

Auch wenn ich selbst Rollenspiel-Projekte abseits von DSA kaum verfolge, bin ich doch in der Vergangenheit und aktuell bei einigen Projekten hängengeblieben, die ich zumindest für alle Interessierten kurz erwähnen möchte.

Rampage Dungeons

Noch knapp zwei Tage läuft das sehr professionelle und erfolgreiche Crowdfunding Rampage Dungeon von Architects of Destruction. Das Produkt ist ein Set auf Dungeon-Elementen wie Wänden, Böden, Türen und Fallen, aus denen sich komplexe Gangsysteme und Räume für Miniaturen zusammensetzen lassen. Das quadratische Raster hat die in Amerika üblichen Zoll-Abmessungen, und sollten somit auch für die Westfalia DSA-Miniaturen geeignet sein. Das besondere an dem Projekt ist, dass die schon seit Längerem erhältlichen 3D-Modelle von Printable Scenery, die eigentlich für 3D-Drucker gedacht sind, nun per Spritzguss in Massenfertigung hergestellt und anschließend auf Wunsch professionell bemalt werden.



Die resultierenden Dungeons finde ich persönlich spektakulär, und so ließ sich mein Kaufreflex leider nicht rechtzeitig unterdrücken. Mein Finanzierungsbeitrag ist mittlerweile auch in Höhen geschossen, die noch gerade eben im dreistelligen Euro-Bereich liegen - ein Wahnsinn, aber ich war leider zu schwach um zu widerstehen. Wer ebenso wie ich schwach werden möchte und auf Old-School Dungeons steht, sollte noch bis Sonntag Abend zuschlagen.

The Deck of Many Animated Spells

Eher ein cooles Kuriosum denn ein praktisch am Spieltisch einsetzbares Gadget ist das noch bis zum 04. Oktober 2018 finanzierbare Deck of Many Animated Spells für DnD 5E. In diesen mittlerweile 6 freigeschalteten Kartensets mit Zaubern sind auf der Vorderseite Illustrationen der Zauberwirkung, auf der Rückseite Informationen zu den Zaubern in Textform gesammelt. Der Clou: Über Lentikular-Folien (vulgo "Wackelbilder") sind die Zauberwirkungen animiert, sodass man durch Kippen der Karte die Zauber anschaulich vermitteln kann.

Drei animierte Beispielkarten - wo ist der Ignifaxius?

Acht Animationsbilder wurden jedem Zauber spendiert, und auch wenn ich seit der Oberstufe vor fast 25 Jahren kein AD&D mehr gespielt habe, fand ich das Konzept der animierten Karten doch cool genug, um mir zumindest eines der Kartendecks exemplarisch zu sichern. Wer weiß: Vielleicht setzt sich das Konzept durch, und Ulisses wird schon bald zu jedem Aventurischen Bestiarium animierte Version von Krakenmolch, Westwinddrache und Irrhalk produzieren müssen. Ich würd's kaufen! Aber wie man sieht kaufe ich ja auch wirklich jeden Scheiß!

Weitere Rollenspiel-Crowdfundings

Auf einige weitere ausstehende Crowdfunding-Ergebnisse früherer Projekte warte ich noch immer: So sollte auch irgendwann eine große Kiste mit Papp-Dungeon-Puzzle-Teilen bei mir eintrudeln, die ich im Rahmen des Projekts Saga Worldbuilder im Juni 2017 unterstützt habe. Nachdem es einige Probleme bei der Produktion der gestanzten und laminierten Teile gab, hat sich der Veröffentlichungstermin immer wieder verschoben. Mal sehen, wie lange sie uns noch zappeln lassen, und ob aus diesem Projekt tatsächlich noch was wird. Late Pledges sind immer noch über die Kickstarter-Seite möglich, falls jemand noch Bedarf für Papp-Dungeons hat.



Darf's noch etwas abgefahrener sein? Dann sind die Boogie Dice vielleicht etwas für Dich! Leuchtende sechsseitige Würfel, die auf ein Fingerschnippen (oder sonstige laute Geräusche) spontan anfangen selbst zu hüpfen! Jetzt müssen wir Rollenspieler endlich nicht mehr andauernd die Hände heben, um umständlich die Würfel zu werfen. Das machen die Würfel in Zukunft einfach selber! Leider scheint das wirklich in ferner Zukunft zu liegen, denn auf die Würfel warte ich seit September 2015. Ob und wann die blödsinnigen, aber coolen Teile endlich fertiggestellt werden, steht in den Sternen. Aber wer weiß: Vielleicht, irgendwann in ferner Zukunft, werde ich selbst-aktivierende Rollenspielwürfel haben. Und dann muss ich mir nur noch überlegen, was ich damit soll!


Zu guter Letzt sei noch ein Projekt erwähnt, dass durch die einfache Idee, die riesige Verspätung und die krassen Reaktionen der Unterstützer erwähnenswert ist: Pencil Dice! Die geniale Idee: Handelsübliche Bleistifte mit Zahlen von 1 bis 6 auf den Seiten, sodass man durch Rollen der Stifte einen Würfelwurf simulieren kann. Ein simples Konzept, das eigentlich schnell realisiert werden könnte, sollte man meinen. Nun, die Finanzierungsphase begann im Januar 2015, und noch immer hat kein Unterstützer auch nur einen Bleistift erhalten. Es sind Beschwerden bei Kickstarter eingereicht, Strafanzeigen geschrieben, dem Projektinitiator nachspioniert, ihm persönlich gedroht worden. Und das alles für ein paar mit Punkten bedruckte Bleistifte! Beim Lesen der Kommetare dieses Projekts verliert man fast den Glauben in die Menschheit!

Die lang erwarteten Bleistift-Würfel!

Mittlerweile hat der Projektgründer in halbwegs aktuellen Updates Bilder von einer Druckmaschine gezeigt, mit der er alle Bleistifte zu Hause in Handarbeit anzufertigen gedenkt. Keine Ahnung, ob das diesmal klappen wird, aber mittlerweile ist das Ganze zu so einem skurilen Paradebeispiel geworden, was alles schieflaufen kann, dass mich der Ausgang der Geschichte sehr viel mehr interessiert als die blöden Bleistifte. Crowdfunding kann besser als jede Soap Opera und jede Sozialstudie sein!

Das Fazit

Wer sich bis hierher durch meine Textwüste durchgekämpft hat, weiß nun vielleicht etwas mehr wie Crowdfunding funktioniert, welche Projekte es gibt, und was bei Crowdfundings potentiell schieflaufen kann. Vielleicht kann das aber auch eine kleine Statistik noch verdeutlichen:
  • 70 Projekte wurden von mir unterstützt
  • 8 davon sind nicht über die Finanzierungsphase hinausgekommen
  • 5 Projekte sind erfolglos eingestellt worden
  • 8 Projekte haben mich schon lange warten lassen, könnten aber noch realisiert werden.
  • 15 Projekte sind gerade erst angelaufen oder sehen so aus, als würden sie bald abgeschlossen
  • 34 Projekte sind erfolgreich zum Abschluss gebracht worden
Irgendwo zwischen 5 und 13 Projekten (im schlimmsten Fall 28 Projekte) sind also derartig schiefgelaufen, dass meine Finanzierungssumme verloren ist (wobei meine Erfahrung eher in Richtung 15 schiefgelaufene Projekte sagen würde). Crowdfunding ist also nicht ohne Risiko, und sicherlich nichts für jemanden, der sich den Totalverlust seiner Investition nicht leisten kann. 

Andererseits sind viele der schiefgelaufenen Projekte in der Anfangszeit der Crowdfunding-Welle erfolgt, und viele der riskanten Projekte hatten einen hohen technologischen Anspruch. Alle Projekte, die ich in den letzten zwei Jahren unterstützt haben, scheinen besser auf Kurs zu sein, und insbesondere bei den von Ulisses anberaunten Schwarmfinanzierungen kann ich bisher (bis auf einige Verspätungen) nur Gutes berichten.

Wer sich also mit dem Gedanken trägt, selbst zum Risiko-Finanzierer zu werden, dem sei gesagt, dass ihm eine spannende, manchmal auch frustrierende, oft aber aber sehr angenehm überraschende Zeit bevorsteht. Wer auf sein Geld achten muss und mit finanziellen Verlusten nicht gut klar kommt (im monetären wie emotionalen Sinne), sollte besser die Finger davon lassen.

Der Schelm jedenfalls war und ist ein begeisterter Crowdfunder, und auch wenn er schon viel Blödsinn finanziert und einiges an Geld verloren hat, waren viele der realisierten Ideen, so bekloppt sie manchmal auch seien mögen, das Risiko voll wert. Denn eines sollte man bei allen finanziellen Abwägungen und auftretenden Risiken immer Bedenken: Crowdfunding macht einfach Spaß!

Kommentare

  1. Eine kleine Anmerkung zu dem Miniaturen-CF habe ich: Es werden nicht nur 33 sondern 37 Figuren werden. Von vier 600-CAD-Backern sind noch nicht alle Entwürfe öffentlich bekannt gegeben worden (ich gehöre dazu - auch wenn ich schon an verschiedenen Orten erwähnt habe, dass ich eine Elfen-Magierin als Mini anfertigen lasse, aber an der Darstellung muss noch gearbeitet werden; die Figur muss aus zwei verschiedenen Bildern [eins, das den Charakter zeigt, eins von der Kleidung] erstellt werden).

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    1. @Reißklaue: Es werden 37 erstellt, aber die sind nicht automatisch im Paket dabei. Da sind nur die 33 drin ;)

      @Kai: Die Schatten der Macht-Erweiterung kostet nur 30 €, da sind noch 20 € für die Karte inkludiert.

      Insgesamt ein toller Beitrag *alle Daumen hoch*
      Ich schaue mir mal die anderen verlinkten Projekte an ;)

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    2. Ich bin nach dem aktuellen Stand der Kickstarter-Seite gegangen, da sind es 33 freigeschaltete plus die vier Collectors Range Figuren. Aber egal ob 33 oder 37: Ich freue mich auf die Dinger. Auch wenn ich sie erfahrungsgemäß niemals bemalen werde!

      Stimmt, ich hatte die Stoffkarte noch mit in die Erweiterung eingerechnet. Ich habe das im Text korrigiert. Danke für's aufmerksame Mitlesen! Mir war es zuviel Text zum Korrekturlesen! ;-)

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    3. @Unknown So weit ich weiß, wandern auch diese Figuren ins Paket, zumindest habe ich so Kawe von Westfalia verstanden, als ich meine mit ihm besprochen habe. Darüber hinaus wäre es doch unsinnig, die extra hergestellte Gussform nur für ein einziges Exemplar zu benutzen (das dann aber immerhin in meiner Vitrine landet ;-) ).

      @Kai Ja, das mit dem Bemalen ist immer so eine Sache. Und auch von mir noch: Toller Artikel.

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    4. Es stand mal irgendwo, dass die Figuren dann in weiteren Sets landen. Gegen deine Version würde ich mich natürlich nicht wehren - aber dann hätte er damit werben sollen :D

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    5. PS: Der erste Beitrag war auch von mir. Irgendwie hat er den Nick aber verschluckt.

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  2. Toller Artikel! Aber du hast ja -im positivrn und sympathischen Sinne - einen an der Waffel. :)
    Beide Daumen hoch für die kurzweiligen und interessanten Einblicke.

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    1. Ja, die Vermutung mit "einen an der Waffel haben" kam mir beim Schreiben dieses Artikels auch irgendwann...

      Aber vielen Dank für's Lesen und die vielen hohen Daumen!

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  3. Wieder ein interessanter Artikel! Ich bin übrigens noch bei Rampage Dungeon eingestiegen (Wraith und einige Addons). Du bist schuld! ;-) Habe mir fest vorgenommen, zumindest einen Teil davon gleich zu bemalen, wenn die Teile dann irgendwann bei mir aufschlagen. Bei den Wand- und Bodenelementen sollte das relativ einfach und zügig gehen.

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    1. Ich hatte tatsächlich auch kurz überlegt. In Summe, vor allem mit dem Porto, war mir das aber dann doch zu viel Geld ;)

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    2. @Alrik: Cool, es tut mir gar nicht leid an Deiner Beteiligung an dem Crowdfunding Schuld zu sein! Das Projekt sah so gut aus, und die freigeschalteten Extras waren auch so verlockend, dass ich da unmöglich wiederstehen konnte. Bin gespannt, wie lange es bis zum Versand dauert. Ich war selten so hibbelig, was das Gelingen eines Kickstarter-Projekts angeht! Wenn das scheitern sollte, werde ich einige Tränen vergießen!

      @GTStar: Du gehst da mit viel zu viel Verstand und zu wenig Bauchgefühl ran! ;-)

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    3. @GTStar: Die Portokosten hätten mich auch fast davon abgehalten, aber dann war der "haben muss" Reflex doch zu stark. ;-)
      @Kai: Ich hoffe sehr, dass es klappt. Ich wollte schon länger 3D Dungeon Gelände, aber selbst basteln musste immer hinter vielen anderen Projekten hintenanstehen und 3D Druck ist mir derzeit noch zu aufwendig und qualitativ noch nicht gut genug. Außerdem hoffe ich auf einen zweiten Kickstarter mit den leuchtenden Lavaböden. :-)

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