Spielemesse in Essen 2021

Oktober: Herbstlaub rieselt von den Bäumen, die Sonne versinkt früh hinter'm Horizont, die Brettspieler werden von einer inneren Unruhe gepackt... Zeit für die Spielemesse in Essen! Lest hier, wie die triumphale Rückkehr der legendären Internationalen Spieletage in die Messehallen in Essen aus Sicht eines Schelms ablief, welche Neuheiten es gab, und warum Brettspieler und FFP2-Masken wie füreinander bestimmt sind! Zeit für den Messe-Rückblick 2021!

Die Spielemesse

Sicher: die letzten anderthalb Jahre waren nicht leicht, für keinen von uns. Seit Anfang letzten Jahres lasen wir furchterfüllt die Infektionszahlen, hockten in Lockdowns zu Hause, gewöhnten uns an Masken, Schnelltests, Corona-Apps, wurden (gefühlt) Experten für die spezifischen Vor- und Nachteile von mRNA- und Vektor-Impfstoffen, und hofften Tag für Tag darauf, dass irgendwann endlich wieder der Alltag in unser aller Leben zurückkehren würde - wenn auch vielleicht in kleinen, vorsichtigen Schritten. Ein solcher Schritt wurde nun getan, denn nach einer langen Zeit ohne Präsenzveranstaltungen und ohne größere Menschenansammlungen fand in den letzten vier Tagen endlich wieder die größte Besuchermesse für Brett- und Gesellschaftsspiele in den Essener Messehallen statt.

Ich muss gestehen, dass ich anfangs skeptisch war: Während so ziemlich jede andere Veranstaltung der ersten Jahreshälfte ausfallen musste, verkündete der Friedhelm Merz Verlag am 05. Mai auf seiner Facebook-Seite, dass die Spiel '21 tatsächlich in konkreter Planung sei und man fest davon ausginge, dass wir uns im Oktober alle wieder in Essen wiedersehen würden. Das schien mir in Anbetracht der immer noch viel zu niedrigen Impfquoten, der Querdenker-Diskussionen und der noch viel zu hohen Infektionszahlen (zur Erinnerung: Ende April befanden wir uns gerade auf dem zweithöchsten Peak der gesamten Corona-Epidemie!) eher naives Wunschdenken denn eine realistische Zukunftsvision zu sein.

Und doch: Je näher der Oktober rückte, desto zuversichtlicher wurde man: Die Infektionszahlen gingen zurück, und im Juli sah es fast so aus, als wäre tatsächlich ein Ende der Epidemie abzusehen. Leider gingen die Inzidenzen danach wieder hoch, glücklicherweise jedoch ohne gleichzeitigen signifikanten Anstieg der kritischen oder tödlichen Krankheitsverläufe. Biergärten, Konzerte, Fußballstadien wurden wieder geöffnet, und so stellte sich die Frage, warum das nicht auch mit einer Publikumsmesse für Brettspiele möglich sein sollte.

Insofern ziehe ich den Hut vor Dominique Metzler und ihrem gesamten Team vom Merz-Verlag für die so mutige und weitsichtige Organisation der großen Rückkehr des von uns so sehr herbeigesehnten Großereignisses im Kalender jedes Brettspielers. Die Spiel '21 konnte kommen!

Tag 0: Die Presseschau

Wie schon in den beiden letzten Jahren der Spiel-Präsenzveranstaltung im Jahr 2018 und 2019 (mein Gott, ist das lange her) nutzte ich auch diesmal schamlos die Vorteile des zügellosen Blogger- und Vlogger-Lebens aus und bat schriftlich um eine Presse-Akkreditierung für die Veranstaltung. Gerade einmal 22 Stunden (!!!) später lag bereits ein Brief mit den vier Tages-Presseausweisen und einem Parkausweis für die Messe-Parkhäuser im schelmischen Briefkasten. Die virtuelle Pressekonferenz verpasste ich natürlich prompt, da sie diesmal bereits eine Woche früher, also am 06. Oktober, stattfand und ich zu dieser Zeit noch halbwegs fleißig dem schelmischen Arbeitsalltag nachging. Aber da der Inhalt von Pressekonferenzen meist auch problemlos nachgelesen werden kann, war ich ob meiner eigenen Schusseligkeit gar nicht so traurig, und freute mich stattdessen umso mehr auf die reale Messe.

Der Schelm ist wieder auf Neuheiten-Jagd!

Und so machte ich mich bereits am Mittwoch, also dem Tag vor der offiziellen Eröffnung der Spielemesse, auf den Weg in die Nachbarstadt, um mir wenigstens die traditionelle Neuheitenschau nicht entgehen zu lassen. Wie immer fand diese in der "kleinen" Halle 1A unterhalb der "echten" Halle 1 statt, und war nur für Pressevertreter und Aussteller zu betreten. Während wir auf den Einlass um 11 Uhr warteten, hatte ich noch Gelegenheit mich mit den YouTube-Kollegen Julia und Stefan von Spiel doch mal! zu unterhalten, die am Tag zuvor bereits ein tolles, emotionales Interview mit Dominique "Miss Spiel" Metzler zu führen, für das ich ihnen danke. Wir plauderten über die Widrigkeiten als Eltern einen YouTube-Kanal zu betreiben, bis schließlich endlich der Einlass startete.

Die Neuheitenschau in Halle 1A

Bei der Neuheiten-Schau werden auf unzähligen Tischen ein guter Teil (aber bei weitem nicht alle) der diesjährigen Neuheiten in voller Pracht aufgebaut, d.h. es sind nicht nur die Schachteln, sondern auch das Spielmaterial in einem spielbereiten Zustand zu bestaunen. Wie schon die letzten Male war man auch diesmal schnell von der unüberschaubaren Menge von neuen Spielen überwältigt: Mir ist es beispielweise im Nachhinein nicht mehr gelungen, ein vielversprechendes Roll&Write-Spiel, bei dem ein Metro-Netz einer Stadt gebaut werden musste, zwischen all den anderen Spielen wiederzufinden. Im Nachhinein weiß ich jetzt: Es war Voll verplant von Schmidt Spiele. Aber glaubt nicht, das hätte ich während der Messe herausgefunden...


Eine komplette Beschreibung aller Spiele, die es hier zu bewundern gab, ist offensichtlich unmöglich, und so will ich es auch gar nicht erst versuchen. Was mir aber gelingen könnte, ist eine kleine Zusammenfassung meiner persönlichen Highlights der Neuheiten-Schau:
  • Bei Gutenberg von Granna muss man seine Künste als Buchdrucker unter Beweis stellen, und durch den Einkauf von Tinten, Lettern, Papier und neuen Druckmaschinenverbesserungen die schönsten Bücher herzustellen, um seine Investoren zufriedenzustellen.
  • Bei Talisman Star Wars von Pegasus wird das gute alte Talisman-Prinzip nun in eine weit, weit entfernte Galaxie verlegt, wo man sich zum Imperator durchkämpfen muss, um ihn zu besiegen oder an seiner Seite zu herrschen.
  • Von Port Royal, dem genialen Push-your-luck-Spiel von Alexander Pfister, gibt es bei Pegasus eine Big Box mit neuem Kartendesign - ich bin allerdings noch nicht sicher, ob mir meine liebgewonnene Originalausgabe nicht optisch noch besser gefällt.
  • Furnace, auf deutsch erschienen beim Kobold Spieleverlag, ist ein Engine-Builder-Game mit Bietmechanismus, bei dem auch die Verlierer der Auktionen nicht leer ausgehen, und das auch mit einer hübschen Spielmatte erweitert werden kann.

  • Eine Besonderheit stellt Ich sehe was, was siehst Du? von Alter Sensus dar, entstand dieses Spiel doch aus der Erfahrung von Lehrern heraus, das manche Kinder (und auch Erwachsene) Probleme mit dem Erkennen von Emotionen beim Tragen von Corona-Masken haben. Also wurde spontan ein Verlag gegründet und dieses Spiel produziert, um die Emotions-Erkennung zu trainieren und zu fördern.
  • Neko Harbour von The Wood Games (anscheinend die Fortsetzung des Spiels A pleasant Journey to Neko von 2018) kommt als niedliches Pinguin-Antarktis-Erkundungsspielchen daher. Hinter den schön illustrierten Karten steckt aber ein knallhartes Optimierungs-Strategiespiel für 2 bis 4 Personen.
  • Wonder Book von Abacus-Spiele besticht durch seine außergewöhnliche Optik, handelt es sich doch um ein Aufklappbuch, bei dem sich ein wunderschöner Baum entfaltet. Gemeinsam müssen 6 Missionen gemeistert und angreifende Gegner zurückgeschlagen werden.

  • Magellan: Elcano von Michael Schacht, erschienen beim Schwerkraft Verlag, ist ein nettes kleines Biet- und Bluffspiel, bei dem reihum um drei verschiedene Expeditionskarten geboten wird.

  • Voll verplant von Schmidt Spiele ist ein Flip&Write-Spiel, bei dem die Metro-Linien der Städte Berlin, Amsterdam, Paris oder Madrid komplettiert werden müssen, um möglichst viele Punkte zu erhalten.

  • Rote Kathedrale, auf deutsch erschienen bei Kosmos, versetzt uns in die Rolle von Handwerkern, die die namensgebende Basilius-Kathedrale in Moskau für Zar Ivan den Schrecklichen bauensollen. Dabei gilt es über ein Würfel-Rondell zur richtigen Zeit Baumaterial zu beschaffen, um damit Segmente der Kathedrale zu errichten.

  • Karak, ebenfalls bei Kosmos nun in deutscher Version erschienen, ist ein einfacher Dungeon-Crawler für Kinder ab 7 Jahren, bei dem so lange Dungeon-Plättchen erforscht und Monster vermöbelt werden müssen, bis der Drache besiegt werden kann.

  • Kingsbridge von Wolfgang Kramer, erschienen bei Kosmos, ist ein stark an Rommé erinnerndes Kartenspiel, bei dem die Ereignisse des gleichnamigen Romans von Ken Follett in die richtige Reihenfolge gebracht werden müssen. Sonderfähigkeiten einzelner Charaktere sorgen für etwas Abwechslung.

  • Tulpenfieber von Uwe Rosenberg ist bei Amigo erschienen und ist eine Kniffelvariante, bei der Tulpen auf einem Spielplan gepflanzt werden müssen.

  • Bei Schichtwechsel von Thomas Spitzer, veröffentlicht bei Spielefaible, müssen wir die letzte Zeche im Ruhrgebiet errichten und betreiben, Kohle abbauen, abtransportieren und veredeln, das Grubenwasser abpumpen und vieles mehr. Quasi das vierte Spiel in Spitzers Kohle-Trilogie.

  • In Bitoku von Devir schlüpfen wir in die Rolle von Waldgeistern, die durch das geschickte Ausspielen von Karten und Engine-Building zum König des Waldes aufsteigen wollen. Eines der gehypetesten Spiele der Messe, das ständig auf Platz 1 der BGG-Hotness-Liste lag.

So, das soll als kurzer Ausschnitt der unüberschaubaren Neuheiten-Flut reichen. Da ich auch absolut unvorbereitet auf die Messe gegangen bin und mir selbst keine nennenswerte Liste mit zu begutachtenden Spielen bereitgelegt hatte, konnte ich auch mit den meisten präsentierten Spielen noch nicht viel anfangen. Dennoch bietet die Neuheitenschau den Journalisten und Fachpublikum einen schönen Überblick über all das, was neu erschienen ist. Falls Ihr einen Turbo-Rundgang über die Neuheitenschau in unter einer Minuten (mit Übelkeits-Bonus!) haben wollt, schaut Euch das folgende Video an!



Als ich die Neuheitenschau nach etwas mehr als zwei Stunden verließ, ging ich zufällig hinter Dominique Metzler, der Veranstalterin der Messe, nach draußen, und konnte ihr noch einmal kurz für die Organisation dieses Mega-Events danken. Sie schien auch sehr glücklich zu sein, dass es endlich wieder los ging. Ich muss sagen: Mir ging es genauso! Die Vorfreude war nach diesem kleinen Vorgeschmack auf einen Höhepunkt gewachsen - die Eröffnung konnte kommen!

Tag 1: Eröffnungs-Donnerstag

Der Morgen des ersten Messetages hätte nicht alltäglicher sein können: Kinder wecken und anziehen, Junior zur KiTa fahren, die große mit ihrer Freundin zur Ferienbetreuung auf dem Ponyhof fahren. Doch kaum war die letzte Verabschiedung erfolgt und Papa allein im Auto, ging eine Veränderung durch seinen Körper: Aus Kai, dem halbwegs entspannten Familienvater, wurde plötzlich Kai, der freudig hektisch gen Essen hetzende Brett- und Rollenspiel-Schelm-Nerd, der endlich wieder verbrauchte Messeluft atmen und frisch cellophanierte Brettspiele berühren wollte.

Dank Presseausweis und Parkticket ging es direkt hinein ins Parkhaus P6, und anschließend zum Seiteneingang für Aussteller und Presseleute. Die Einlasskontrolle war zweigeteilt: Zunächst wurden Corona-Impf-Zertifikate über den Scan des Handy-Barcodes kontrolliert, anschließend das Tagesticket gescannt. Das ging erfreulich schnell und reibungslos, sodass man in unter zwei Minuten endlich Halle 3 betreten konnte.

Mein erster Weg führte mich zum Stand von Feuerland Spiele, wo ich mir (schlau wie ich bin) noch eben schnell ein Exemplar von Arche Nova sichern wollte, dem schon im voraus hochgelobten Zoo-Management-Spiel mit Terraforming-Mars-Anleihen. Ich hatte leider versäumt, mir vor der Messe rechtzeitig ein Exemplar zu reservieren, und so wollte ich mir eben persönlich ein Exemplar sichern, bevor der vor der Halle wartende Pöbel die Messehallen stürmen würde. Es war immerhin erst Viertel vor Zehn, eine Viertelstunde vor der offiziellen Eröffnung. Allerdings schien ich (siehe Bild) nicht der Einzige mit dieser Idee zu sein, denn es hatte sich bereits eine die gesamte Halle durchziehende Schlange gebildet, die alle Arche Nova kaufen wollten. Na super - das geht ja gut los!



"Vielleicht habe ich ja in der Rollenspiel-Halle etwas mehr Glück", dachte sich der Schelm, und machte sich auf den Weg zur Halle 6. Leider war ja bekanntlich Ulisses Spiele dieses Jahr nicht mit einem Stand vertreten, aber dafür wurde ich direkt beim Betreten der Halle mit dem Stand von Kraken Wargames konfrontiert, der neben den nun schon länger bekannten DSA-Spielmatten auch die beiden frisch angekündigten Zwölfgötterstatuen von Rondra und Efferd als Ansichtsexemplare in der Vitrine hatte. Ganz nett sehen die beiden ja aus - aber nicht nett genug, um dafür jeweils 150 € rauszuhauen. Außerdem kamen sie mir insgesamt kleiner vor als gedacht. Irgendwer wird die Dinger bestimmt kaufen - für den Schelmen-Keller ist das aber kein Must-Have. Übrigens habe ich natürlich auch ein paar DSA-Neuheiten übersehen - doch dazu am Sonntag mehr.




Mein nächster Gang führte mich zum Uhrwerk-Verlag, wo ich Splittermond-Chefredakteurin Claudia Heinzelmann kurz überrumpelte, als ich sie auf die Splittermond-App ansprach und sie keine Ahnung hatte, mit wem sie es zu tun hatte. Als dann aber meine Identität geklärt war, durfte ich noch einen extra dafür am Vorabend gefertigten Werbeaufsteller neben der Einsteigerbox platzieren, mit dem ich ein wenig Werbung für die App machen konnte. (Wie? Ihr wisst nicht, welche App ich meine? Dann bitte schleunigst hier draufklicken: Kostenlose Splittermond-Soloabenteuer-App für Android).



Neben den beiden neuen Kartensets Gegner und Gefährten (einmal für Bestien, einmal für Lebende und Tote) gab es auch den ersten Roman der neuen Deluxe-Hardcover-Splittermond-Reihe zu erwerben: Trümmerland von Mike Krszscjwik ...neee.... Kschizdscwyck ...ähh, nein... ...(langsam abschreib)... Krzywik-Groß kommt mit 256 Seiten, einem blauen Hardcover samt sehr schönen Schutzumschlag mit Coverbild von Florian Stitz und einem guten Dutzend Schwarz-Weiß-Innenillustrationen von Vincent Modler daher. Die Auflage ist auf 500 Exemplare limitiert und kostet... Achtung, festhalten!... stolze 39,95€! Viel Geld für ein eher unscheinbares Buch, zumal ja schon Leute über die Preiserhöhung auf 14,95€ für DSA-Softcover-Romane gemeckert haben. Aber da ich den Uhrwerk-Verlag gern unterstütze, schon alle anderen Splittermond-Romane im Regal stehen habe und auch Riva Mortis von Mike Kszcrüvyck (ihr wisst schon) sehr genossen habe, habe ich mir die Investition gegönnt, und nenne nun stolz Exemplar 125 von 500 mein Eigen.



Unweit vom Uhrwerk-Stand fand sich auch, in einer der hinteren Ecke der Halle, der Stand von Yvis Nerd und Geek World, wo wieder einmal Unmengen an Würfeln, Beuteln und Cathulhu-Kram auf Käuferschaft warteten. Mit Yvi zu quatschen ist zu einer liebgewonnenen Con-Tradition geworden, und auch wenn ich diesmal keine Würfel oder Wappen gekauft habe, war es doch schön mal wieder auf einer richtigen Messe zu reden (wir waren uns einig, dass man die Niederrhein-Con mit ihren paar Handvoll Besuchern nicht so richtig vergleichen konnte). Ich wünschte Yvi noch gute Geschäfte, und streunte weiter durch Halle 6.



Für Fans von Midgard hatte der DDD-Verlag (Dausend Dode Drolle) wieder so einiges im Programm, wozu ich aber in Ermangelung eines DSA-Bezugs nicht viel sinnvolles schreiben kann. Gleiches gilt auch für Free League Publishing, die Redaktion Phantastik, System Matters und für den Truant Verlag, die fleißig ihre Rollenspielprodukte an den Mann oder die Frau brachten. Ansonsten gab es in Halle 6 die üblichen Verdächtigen: Miniaturen, Battlemats, Met-Stände, LARP-Zubehör, Brettspiele, Sammelkarten und Film-Collectibles. Eben alles, was der Nerd zum Glücklichsein braucht!

Den Schelm hingegen zog es hinüber in Halle 5, wo ich meinem Kumpel Markus (aka Pöppelschieber) traf, der sich gerade Neko Harbour von The Wood Games erklären ließ (siehe Neuheitenschau). Gemeinsam schlenderten wir ziellos durch die Hallen. Bei Oink Games fiel mir ein DSA-Würfel ins Auge, wobei sich leider herausstellte, dass "DSA" in diesem Fall für Deep Sea Adventure und nicht für Das Schwarze Auge steht. Aber egal: Markus kaufte den Würfel trotzdem, da er Deep Sea Adventure als kleines Pausenfüller-Spiel sehr mag.



Bei Granna nahm ich mir nach einiger Überlegung ein Exemplar von Gutenberg mit, da mich das Spiel optisch wie thematisch sehr ansprach. Eigentlich hätte ich lieber eine deutsche Version gehabt, aber da diese noch nicht existiert und ich nicht noch ein oder zwei Jahre warten wollte (und das Spielmaterial abgesehen von der Anleitung auch sprachunabhängig ist) griff ich zu.

Bei der Spiele-Offensive erwarb ich für 13 € ein Exemplar von Machi Koro Legacy, das andernorts auf der Messe noch für über 40 € angeboten wurde. Auch wenn die Kritiken dieses schon etwas älteren Spiels nicht berauschend sind, mag ich sowohl das Machi Koro Grundspiel als auch Legacy-Spiele, und so war die große Box für den Preis ein No-Brainer.

Bei Spielefaible gab es für mich ein weiteres Must-Have-Spiel der Messe zu sehen, erklärte dort doch gerade Autor Thomas Spitzer persönlich sein viertes Kohle-Brettspiel Schichtwechsel. Thomas und ich kannten uns schon von einem lang zurückliegenden Spiele-Autoren-Tag in Bochum-Langendreer, wo ich ihm einen Prototypen meines nie veröffentlichten Autobahn-Brettspiels Achtung, Asphalt! gezeigt hatte und er mir im Gegenzug einen fast fertigen Prototypen von Haspelknecht erklärte. Geduldig erläuterte Thomas uns die zahllosen Möglichkeiten im Spiel Punkte zu machen, während ich die liebevoll umgesetzten Details wie stilechte D-Mark-Pappmünzen, winzige Förderturm-Papp-Aufsteller und authentische Zechennamen bewunderte. Zwar ist Schichtwechsel eigentlich etwas zu weit oben auf der Komplexitätsskala angesiedelt, um in mein aktuelles Beuteschema zu fallen (seitdem ich Kinder habe, bleibt meist nur Zeit für kurze, schnell erklärbare Spiele), aber dennoch nahm ich ein Exemplar mit. Lokalstolz und Freundschaft zu Thomas waren stärker als meine Regelangst!

Ähnliche Komplexitätskomplexe hatte auch Kumpel Pöppelschieber, der mit sich rang, ob er sein vorbestelltes Exemplar von Arche Nova überhaupt abholen sollte. Letztendlich waren aber Neugierde und Messehype zu stark, um den Kaufdrang zu widerstehen. Auch meine kläglichen Versuche, im sein Exemplar abzuschwatzen, verliefen im Sande. Und so schleppte Markus ein weiteres Spiel durch die Halle, während ich neidisch überlegte, wie ich ihm das heiß begehrte Stück unauffällig entwenden könnte.

In der Nähe des Haupteingangs zu Halle 1 ließen wir uns bei Geek Attitude Games das Spiel Magellan: Elcano erklären, dass sich als sehr simples und doch spaßiges Biet-Spiel entpuppte. Ich habe natürlich prompt die Regeln falsch verstanden und zu viele Karten nachgezogen - ein unschätzbarer Vorteil, der eigentlich in meinen ultimativen Sieg hätte münden müssen. Unglücklicherweise wurde ich stattdessen mit Abstand letzter, weshalb ich aus Trotz schnell das Spiel erwarb, um es zu Hause zu üben (oder das Exemplar feierlich dem Flammentod zu überantworten, falls es mir weitere derart deprimierende Niederlagen einbringen sollte).

Ein weiteres Spiel, was wir nur aufgrund des freien Spieltisches ausprobierten, war Quoridor, ein extra-großes Exemplar eines edel aussehenden 2-Personen-Holzspiels, bei dem man dem Gegner mit Holzwänden den Weg zur gegenüberliegenden Seite des Spieltischs verbauen muss. Wir fanden das Spiel beide furchtbar (ich ein bisschen mehr als Markus, weil ich natürlich wieder klar verlor), und es beruhigt mich im Nachhinein bei der Recherche für diesen Artikel hier herauszufinden, dass es keineswegs eine Neuheit, sondern ein fast 25 Jahre altes Spiel war. Gottseidank, dann muss ich es hier ja nicht weiter beschreiben!



Übrigens kehrten wir zwischendurch immer wieder zum Stand von Spielworxx zurück, wo Markus ab 14 Uhr als Erklärbär von Squaring Circleville fungieren sollte. Bei diesem mit 70 € eher hochpreisigen Kennerspiel geht es darum, die ursprünglich kreisförmige angelegte Stadt Circleville in ein Rechteckraster zu überführen und dabei Gebietsmehrheiten zu sammeln. Das Kuriose: Das Spiel beruht auf der realen Stadt Circleville in Ohio, die tatsächlich im Jahr 1846 auf ein Rechteckraster wechselte. Insgesamt schienen die Testspieler (einschließlich Markus und unserem gemeinsamen Freund Kay) alle recht angetan von dem Spiel zu sein, und ich hoffe es irgendwann einmal mit den beiden probespielen zu können.



So, und damit soll auch erstmal genug zum ersten Tag der Messe erzählt sein. Gegen 16 Uhr kehrte ich, beladen mit vier Brettspielen, glücklich und zufrieden wieder nach Hause zurück. Das war doch schonmal ein grandioser Start in die Spiel! Und es sollten noch drei weitere folgen!



Tag 2: Filmmusik-Konzert

Der Freitag war für mich nur ein kurzes Spiel-Vergnügen, hatte ich an diesem Tag noch einen anderen Termin, den es einzuhalten galt. Nichtsdestotrotz fuhr ich nach der ordnungsgemäßen Ablieferung meiner Kinder in KiTa und Ponyhof noch nach Essen, um wenigstens für ein Stündchen Messe-Atmosphäre in mich aufsaugen zu können.

Gefühlt war es an Tag 2 etwas voller als am Vortag, was aber auch daran liegen konnte, dass ich erst eine Stunde später dort aufschlug. Ich traf mich mit meinen Brettspiel-Kumpels Markus und Kay, um mich mit ihnen auf die Suche nach einer kurzen Einführungsrunde zu machen. Leider waren wir ziemlich unentschlossen, und konnten nirgendwo einen Sitzplatz ergattern. Dafür wurde ich auf die beiden Spiele Karak und Riverside aufmerksam, die ich vorher beide bei der Neuheitenschau ignoriert hatte. Während Karak ein simpler Dungeon-Crawler für Kinder ist, den ich gerne einmal mit meinen beiden Blagen spielen würde, scheint Riverside ein etwas komplexeres Roll&Write-Spiel zu sein, das mich optisch, thematisch und ob der Größe der Box ansprach (Regalplatz ist ein wichtiges Thema im überquellenden Schelmenkeller!). Da ich aber keine große Lust hatte, die beiden Spiele mit auf meine Reise zu nehmen, verzichtete ich erstmal auf einen Kauf.




Reise? Moment! Welche Reise?

Jetzt kommt der Moment, wo ich ein Geständnis machen muss: Es gibt in meinem Leben tatsächlich noch andere Dinge als Brett- und Rollenspiele. Nein, ich meine jetzt nicht meine Kinder. Oder meine Frau. Oder mein Haus. Oder meine Freunde. Sicher, die gibt es alle auch noch. Aber eine andere, tief verwurzelte Leidenschaft ist die Filmmusik. Seitdem ich denken konnte, war ich immer großer Fan von Melodien, die ich in Fernsehen oder im Kino aufgeschnappt hatte. Waren es anfangs nur Captain Future, A-Team, Police Academy und vergleichbare Titelthemen, wurde ich Ende der Achtziger Jahre zum Fanboy des größten Filmkomponisten, den unsere Kultur bisher hervorgebracht hat: John Williams und seine unverkennbaren Soundtracks wurden zur Musik meiner Jugend und meines Lebens. Indiana Jones, Star Wars, Der Weiße Hai, E.T., Hook, Schindlers Liste, Jurassic Park, Harry Potter, .... fast alles, was dieser Mann anfasste, wurde zu Gold. Die größte Angst des 16-Jährigen Schelms war es, dass irgendwann einmal John Williams (der damals immerhin fast 60 war) sterben und somit keine neue Musik mehr komponieren konnte.

Seitdem waren fast 30 Jahre vergangen, und in dieser Zeit war es mir nur einmal vergönnt gewesen, selbst im Publikum eines John Williams Konzerts zu sitzen. 1998 war es, als ich als frischgebackener Student mit einer geborgten Kreditkarte Tickets für seine beiden London-Konzerte im Barbican-Center orderte, und dann ohne gebuchtes Hotelzimmer mit zwei Tages-Busreisen gen England fuhr. Natürlich fand ich, naiv und schüchtern wie ich war, kein erschwingliches Hotelzimmer mehr vor Ort (es gab damals schließlich noch kein Google Maps, kein booking.com oder ähnliche Hilfsmittel), und so musste ich auf einer Parkbank übernachten, bis ich von zwei Pennern vertrieben wurde, und auf einer Bank in der Victoria-Station Zuflucht finden konnte. Aber schon damals war ich fest überzeugt (und wurde bestätigt), dass ein Konzert mit Maestro Williams all diese Mühen wert sein würde.

Nun, nach über 23 Jahren, ergab sich also endlich die Gelegenheit, dieses Erlebnis von damals zu wiederholen: John Williams sollte mit den Berliner Philharmonikern sein Deutschland-Debut geben. Und das mit 89 Jahren! Natürlich hatte ich mich sofort, als ich diese Neuigkeit erfuhr, um Karten bemüht. Da ich nichts dem Zufall überlassen wollte, gönnte ich mir sogar ein Jahresabonnement der Philharmoniker, um in den Genuß eines garantierten Sitzplatzes zu kommen. Und so setzte sich also der Schelm am zweiten Messetag um 13:07 Uhr, statt auf der Messe herumzulaufen, in einen ICE nach Berlin, um dort einem Filmmusik-Konzert beizuwohnen! Dekadent, oder?

Das ist nicht Messehalle 6, sondern Berlin Hbf

Eigentlich hatte ich für Berlin noch etwas Zeitpuffer eingeplant, um meine Tasche im Hotel zwischenzulagern und mich für das Konzert frischzumachen. Natürlich kam es aber wie es kommen musste: Der zweite Zugteil, mit dem sich unter ICE in Hamm verbinden sollte, hatte eine "kleine" Verspätung, sodass ich Berlin erst mit knapp einer Stunde verspätung erreichte. Als ich auf dem Weg zum Hotel an der Philharmonie vorbeikam, stellte ich voller Schrecken fest, dass sich bereits die ersten Schlangen am Einlass bildeten, sodass ich zähneknirschend auf den vorherigen Hotelbesuch verzichtete und mich samt Reisetasche in die Schlange einreihte.




Um Punkt acht Uhr war es endlich soweit: Unter Standing Ovations betrat John Williams den Konzertsaal, und dirigierte mit unglaublicher Energie (immerhin wird der gute Mann im Februar 90!) die imposant aufspielenden Philharmoniker. Wer noch nie ein vollständiges Symphonieorchester in voller Lautstärke hat aufspielen hören, kann sich nicht vorstellen, welch ein grandioses Gefühl dieses Erlebnis ist. Und wenn es dann auch noch die triumphalen Fanfaren oder die lyrischen Melodien eines John Williams sind, geht einem Fanboy wie mir besonders das Herz auf.

Mein Blick auf die Philharmonie-Bühne

Die folgenden Stücke wurden gespielt:
Alles passte perfekt zusammen: Die Auswahl der Stücke entsprach genau meinem Geschmack, die Philharmoniker spielten kraftvoll und enthusiastisch auf, und John Williams schien auch seinen Spaß mit diesem großartigen Ensemble zu haben. Bei Jurassic Park war es sogar Williams, der das oft langsam und majestätisch gespielte Stück nachdrücklich beschleuinigt haben wollte, sodass es zu einer der schnellsten und eindrucksvollsten Einspielungen wurde, die ich von diesem Klassiker je gehört habe. Auch seine Moderationen, in seinem ruhigen, gut verständlichen und eloquenten Stil auf Englisch vorgetragen, zeigten den Maestro von seiner gut gelaunten Seite. Er berichtete, dass er noch nie zuvor in Berlin war, über die zahlreichen Fußgänger und Radfahrer überrascht war (sowas kennt man in L.A. nicht!) und dass er nach seiner Rückkehr nach Hause mit der Komposition des Soundtracks für Indiana Jones 5 beginnen würde (zu diesem Zeitpunkt wusste er wohl noch nicht, dass der Film auf Juni 2023 verschoben worden ist). Kurz und gut: Es war rundum ein Vergnügen, dem weisen alten bescheidenen Genie zuhören zu dürfen. Nicht nur ein genialer Komponist, sondern auch ein Gentleman und toller Mensch.

Maestro Williams freut sich über Standing Ovations

Ich will Euch alle, die Ihr eigentlich wegen der Spielmesse hier seid, nicht mit Details langweilen. Aber es sei gesagt, dass dieses Konzert eines der schönsten Konzerterlebnisse meines Lebens war (und ich habe schon so einigen gelauscht). Vielleicht war es auch ein wenig der Corona-Effekt, der eine solche Live-Veranstaltung mit vollem Publikum umso intensiver werden lässt. Wie dem auch sei: Als ich gegen halb elf die Philharmonie verließ, hatte ich ein Grinsen auf dem Gesicht, und man hörte den Schelm noch lange auf seinem Fußweg zum Hotel Melodien in die Nacht pfeifen...



Tag 3: Messefrei

Am nächsten Morgen nutzte ich die Chance, um einmal bis kurz nach acht auszuschlafen (ein Luxus, der einem als zweifacher Familienvater nicht oft vergönnt ist), und machte mich dann gemächlich abreisefertig. Als ich mich auf den Weg zurück zum Hauptbahnhof machte, kam ich wieder an der Philharmonie vorbei, und stellte fest, dass anscheinend noch eine Orchesterprobe für den Morgen angesetzt war. Die Chance, einmal im Leben eine Orchesterprobe mit John Williams mitzuerleben, war natürlich sehr verlockend, und so nahm ich mir irgendwann ein Herz und fragte einen der Richtung Bühneneingang hetzenden Musiker, ob die Probe zufällig öffentlich wäre. Was er natürlich leider verneinte. Naja, sei's drum: Ich hatte auch so ein tolles, einmaliges Konzerterlebnis, und sollte damit wohl zufrieden sein.

Eigentlich war für diesen Samstag ja noch ein Besuch auf der Messe eingeplant (schließlich wollen die fünf Pressetickets ja ausgenutzt werden!), aber daraus wurde leider nichts: Bis ich am Berliner Hauptbahnhof angekommen war, mir ein Ticket und noch ein paar Mitbringsel für meine Kinder besorgt hatte, war es schon fast Mittag, und bis ich dann wieder mit dem ICE im Ruhrgebiet ankam, fast schon 16 Uhr. Da lohnte sich ein Ausflug zur Messe kaum noch - und müde war ich auch. Also verbrachte ich lieber etwas Zeit mit meinen Kindern, und tankte Energie, um am nächsten Tag mit vollem Elan in den letzten Messetag zu starten!

Tag 4: Der letzte Tag

Meine Frau und Kinder wollten netterweise den Tag bei Schwiegermama in Neuss verbringen, und so hatte ich den ganzen Tag Zeit, um ungestört über die Messe zu stromern. Meine Frau setzte mich um kurz vor 11 an der Grugazufahrt ab (mit Kindern dauert der Aufbruch immer etwas länger als geplant), es gab noch ein Küßchen und ein winken... und da war ich frei für die Messe!

Ich machte mich sogleich daran, meinen Mangel an neugekauften Spielen zu bekämpfen, denn es kann ja schließlich nicht angehen, dass man nach einer Spielemesse nur vier neue Spiele vorweisen kann. Also legte ich mir bei Albi in Halle 5 ein Exemplar von Karak zu, dem Dungeon Crawler, den ich mit meinen Kindern zu spielen hoffte. Warum ich den nicht bei Kosmos gekauft habe, wo ich doch eh die deutsche Version kaufen wollte? Weil die nette Dame am Stand mir das Spiel vorgestern so nett erklärt hatte. Bei Kosmos in Halle 3 kaufte ich dafür ein Exemplar von Kingsbridge, einfach weil es nach einem netten kleinen Absackerspiel mit einfachen Regeln für unseren (vor Corona mal monatlich stattfindenden) Spielstammtisch aussah. Ebenfalls in Halle 3 nahm ich noch ein Exemplar von Riverside mit, einfach um meinen Drang nach einem schönen Roll&Write-Spiel zu befriedigen, und mich die kleine Box und das Thema ansprachen.

Am Eingang zu Halle 3 traf ich auch DSA-Autor Rafael Knop mit seiner Frau und einem Kumpel, den ich schon von der DreieichCon und dem KRK kennen müsste (sorry dass ich Dich ohne Maske im Messetrubel nicht sofort erkannt habe!). Wir plauderten ein wenig, jedoch war ich etwas unentspannt, da ich unter meiner Winterjacke in der Halle wie Tier schwitzte und unter meiner Maske die Nase lief. Entschuldige, Rafael, ich hoffe bei der nächsten DSA-Con haben wir etwas mehr Zeit zum Plaudern - oder noch besser zum spielen!

Auch mit Kollegen Pöppelschieber traf ich mich erneut, schlenderte durch die Hallen (mittlerweile hatte ich mich meiner Jacke entledigt und mir die Nase geputzt - und war plötzlich viel entspannter!), und ließen uns am Stand von Deep Print Games das Spiel Savannah Park erklären. Ein schnell erklärtes, aber taktisch recht interessantes Plättchen-Lege-Spiel: Anstatt einfach nur neue Plättchen auf seinem Spielplan anzulegen, müssen Plättchen umgedreht und an anderer Stelle des Plans abgelegt werden. So muss man wenn man am Zug ist nicht nur überlegen, wo man ein Plättchen hinlegt, sondern auch wo man es wegnimmt. Zudem müssen immer alle Spieler das selbe Plättchen bewegen, sodass man eigentlich auch die Spielpläne der Mitspieler im Auge haben muss. Punkte gibt es für die größte Herden aus sechs Tierarten, multipliziert mit der Anzahl Wasserlöcher, an denen sie grasen. Buschfeuer eliminieren ungüstig platzierte Plättchen. Ein richtig schönes Spiel mit der richtigen Mischung an Zugänglichkeit und Tüftelei - für mich ein klarer Kandidat für die nächste Spiel-des-Jahres-Nominierungsliste!

Savannah Park wurde probegespielt

Habe ich sonst noch etwas vergessen? Ach ja: Die übersehenen DSA-Neuheiten bei Kraken Wargames in Halle 6! Wir erinnern uns: Ich hatte ja am Donnerstag in der Vitrine die beiden Zwölfgötterstatuen bewundert. Dabei ist mir allerdings entgangen, dass das Vitrinenfach darunter mit DSA-Zwölfgötter-Medaillen gefüllt war! Glücklicherweise hatte ein DSA-Fan dies bemerkt und auf Discord gepostet (Danke, Smilp!), und so konnte ich diesen Fauxpas heute wieder gutmachen und mir die Münzen näher ansehen. Und da der liebe Grolm vom DSA-Museum mich auch gebeten hatte, ihm ein paar Exemplare der Münzen mitzubringen, wühlte ich mich durch die verbliebenen Restposten, um möglichst viele Götter zu finden.

Die Zwölfgötter-Medaillen von Kraken Wargames

Die Medaillen kommen in einer kleinen und einer großen Ausführung daher, und kosten pro Stück 6 bzw. 10 €. Die zur Messe mitgebrachte Vorabcharge wurde anscheinend gut angenommen, waren doch nur noch wenige Exemplare da. Aber keine Angst: Die Münzen sind noch nicht einmal offiziell angekündigt, es werden also noch größere Mengen davon kommen. Ob sie dann im F-Shop oder bei Kraken Wargames käuflich erworben werden können, vermag ich nicht zu sagen. Jedenfalls kam ich mit dem Mitarbeiter von Kraken Wargames ins Gespräch, erfuhr, dass Kraken in Gelsenkirchen, also einer Nachbarstadt beheimatet ist, und man noch weitere, nicht spruchreife DSA-Produkte in der Mache hat. Mein Gesprächspartner kannte sich auch gut mit DSA aus und konnte alle Zwölfgötter sofort benennen - allerdings kannte er weder Grolm noch Schelm, da er seit ein paar Jahren aus der Szene raus ist. In jedem Fall war es ein sehr angenehmes Gespräch, und ich freue mich auf alles, was Kraken noch für DSA rausbringen wird.



Um kurz vor drei war es dann so weit: Markus und ich waren beide durch mit der Messe. Keine Neuheiten mehr, die wir begutachten wollten, keine Schnäppchen, die noch von uns gekauft werden wollten. Ich war müde, erschöpft, durchgeschwitzt - aber glücklich. Ich ließ mich von Markus nach Höntrop mitnehmen und fuhr von dort mit dem Bus nach Hause. Auf meinem Rücken mein viel zu überdimensionierter, aber trotzdem gut gefüllter Zwölfgötter-Rucksack (aus dem Aventuria Borbard-Nedime-Crowdfunding), den man aus Sicherheitgründen eigentlich gar nicht mit auf die Messe nehmen durfte (da ich ihn auf der Messe in der Hand statt auf dem Rücken trug, war es aber OK). Im Rucksack: Drei Spiele und jede Menge DSA-Medaillen. Kein epischer Loot. Nichts, womit man einen echten Brettspiel-Fan beeindrucken konnte. Und doch: Ich war auf der Spielemesse! Trotz Corona! Hatte Spiele ausprobiert und gekauft. Hatte Leute getroffen. Hatte Spaß gehabt. Und hatte fast das Gefühl, dass das Leben nach Corona irgendwann mal wieder so sein könnte wie vor der Pandemie. Und auch wenn uns vermutlich noch ein paar harte Wintermonate bevorstehen, war es doch ein gutes Gefühl, für vier Tage einfach dem Alltag entfliehen und mit dem Gleichgesinnten dem Brettspiel-Hobby frönen zu dürfen.

Das Fazit

Tja, und das war sie nun, die erste Spielemesse nach dem Lockdown-Jahr 2020. Viele hatten im Vorhinein Bedenken, ob eine solche Massenveranstaltung in Zeit unsicherer Inzidenzen durchführbar wäre. Auch ich gehörte zu den Skeptikern, die keinen Cent darauf gewettet hätten, dass die Messe wirklich wie geplant im Oktober stattfinden würde. Aber, was soll ich sagen? Es hat alles geklappt! Das Friedhelm Merz Verlag Team hat es tatsächlich geschafft, eine Messe auf die Beine zu stellen, die sich nicht hinter ihren Vorgängern der Jahre 2019 und früher zu verstecken brauchte. Trotz 3G-Regel (geimpft, genesen oder getestet) und Maskenpflicht hat es sich tatsächlich wie eine echt Spiel angefühlt! Ich würde sogar so weit gehen und behaupten, dass sich diese Messe durch die etwas reduzierten Besucherzahlen und großzügiger bemessenen Gänge sogar noch ein wenig schöner und gemütlicher angefühlt hat als vorherige Inkarnationen. Corona machte es möglich!

Das Sicherheitskonzept der Messe wusste mich (und vermutlich auch den Großteil der restlichen Besucher) zu überzeugen: Dank der gründlichen Eingangskontrollen konnte man davon ausgehen, dass die 3G-Regeln eingehalten worden waren. Dank der vorbildlichen Disziplin der Besucherschaft, die wirklich fast durchgängig die Maskentragepflicht ohne Murren eingehalten hat, fühlte man sich auch in den Hallen sehr sicher. Die Zeiten, wo man mit 1000 anderen Menschen im Gang vor dem Heidelberger-Shop stand oder sich von der Masse durch die engen Messegänge schieben ließ, waren 2021 glücklicherweise vorbei, da zum einen nur noch halb so viele Besucher anwesend waren, und zum anderen mehr Platz in den Gängen zur Verfügung stand. Insgesamt kann ich sagen, dass ich in den letzten anderthalb Jahren mich nie unter so vielen Personen aufgehalten und mich trotzdem gleichzeitig so sicher gefühlt habe, dass ich kaum an Corona denken musste. Wollen wir hoffen, dass dieses Gefühl der Sicherheit tatsächlich begründet war und sich niemand auf der Spiel mit diesem Schei....%!/"§$...virus infiziert hat.

Was die Spieleneuheiten anging, gab es für mich keinen erkennbaren einheitlichen Trend. Und auch keine großen Geheimtipps, von denen jeder sprach. Dafür jede Menge solider Neuheiten, die gut gekauft und gespielt wurden. Bitoku, Arche Nova, Golem, Messina 1347, Schichtwechsel, Boonlake, Dune, Furnace, Corrosion, Gutenberg, Wonder Book, The Siege of Runedar und viele andere waren unter den am häufigsten genannten Spielen, zumindest soweit ich das auf der Messe und in den sozialen Medien mitbekommen habe. Ziemlich viele dieser Spiele wurden im Laufe der Messe auch tatsächlich ausverkauft.

Und damit kommen wir zum Hauptthema der Messe: Die Verfügbarkeit! Lieferschwierigkeiten, Rohstoffknappheit, gestiegene Preise sorgten dafür, dass von so manchem Spiel nur ein paar Exemplare per Luftpost eingeflogen werden konnten, und andere überhaupt nicht den Weg aus der Druckerei in die Messehallen gefunden hatten. Für alle, die mit konkreten Kaufvorstellungen zur Messe kamen, konnte das vermutlich sehr frustrierend sein. Wer hingegen wie ich ausverkaufte Spiele mit einem Schulterzucken hinnahm und sich stattdessen die unzähligen verfügbaren Spiele kaufte, dürfte um einiges entspannter aus der Messe gekommen sein.

Aus Rollenspielsicht war natürlich enttäuschend, dass für uns DSA-Fans kaum Neuheiten vorgestellt wurden. Ulisses Spiele hatte keinen offiziellen Messestand (aber sie waren auf der Messe - ich habe im Parkhaus ein Ulisses-Auto entdeckt!), und Kraken Wargames konnte diese Lücke mit den zugegebenermaßen schönen Medaillen und den Zwölfgötterstatuen-Prototypen nicht ganz wettmachen.
Aber dank alternativer Rollenspiel-Verlage wie Uhrwerk, System Matters, DDD-Verlag, Free League, Redaktion Phantastik und anderen war auch für unser schönes Hobby jede Menge Material vorhanden. Also wollen wir nicht jammern, und hoffen, dass es 2022 wieder ein Spielemesse mit dem grünen Drachen geben wird!

Ulisses war also doch auf der Messe!

Nach der Messe verkündtete der Friedhelm Merz Verlag, dass insgesamt über 93600 Besucher zu den Internationalen Spieletagen gekommen waren. 620 Aussteller aus 41 Ländern präsentierten über 1000 Spieleneuheiten. Zwar kommen diese Zahlen logischerweise nicht an die Werte der Vor-Corona-Jahre heran (damals waren es bis zu 200.000 Besucher, 1500 Neuheiten und 1200 Aussteller), aber für eine Zeit, in der viele Länder noch Reisebeschränkungen haben und das Tageskontingent an Tickets auf 30.000 Besucher begrenzt wurde, um die Abstandsregeln einzuhalten, waren die Werte mehr als zufriedenstellend. Dominique Metzler, die sympathische und omnipräsente Organisatorin der Veranstaltung, empfand die Messe im Fazitvideo von Spiel-Doch-Mal sogar als die schönste Messe der letzten Jahrzehnte, einfach weil jeder nun merkte, wie viel die Messe im letzten Jahr gefehlt hat, und wie schön es ist, sich jedes Jahr in den heiligen Messehallen versammeln zu können.

Daher hiermit auch vom Schelm: Lieben Dank an Dominique Metzler und ihr gesamtes Team für die Ausrichtung dieser großartigen Spielemesse, an all die vielen Aussteller aus aller Welt, die uns so viele schöne neue Spiele geschenkt haben, und an all die lieben Brettspiel-Fans da draußen, die durch ihre Anwesenheit, ihre Maskendisziplin und ihre ansteckend gute Laune und Liebe zum Brettspiel dafür gesorgt haben, dass die SPIEL '21 so toll wurde wie sie war.

Ach ja, bevor ich es vergesse: Der nächste Messetermin ist bereits verkündet. Die SPIEL '22 wird vom 06. bis 09. Oktober 2022 in der Messe Essen stattfinden.

Der Schelm wird dort sein!

Und ich hoffe Ihr auch!


Die SPIEL '21 in Essen war auch eines der Themen der 43. SchelmSchau, die auch im Nachhinein auf YouTube angeschaut werden kann.

Kommentare

  1. Hey, danke das Du Dir die Zeit genommen hast. Wir waren zwar auch im Lande, aber hatten mit Kinder und Covid und Family weder wirklich Zeit noch Nerv mit einem Tagesticket bewaffnet da aufzuwarten.

    Nächstes Jahr hoffentlich.

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  2. Vielen Dank dür den Messebericht!

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