Rezension: Kampf um die Macht

Viele Monate währte sie nun schon, die Queste von Zwerg Gundar Gemmenschneider und seinen Gefährten. Das Ziel ihrer Reise, die Kaiserstadt Gareth, liegt vor ihnen. Nun müssen sie nur noch ihre Beute an ihren Auftraggeber übergeben. Dabei kann doch eigentlich nicht mehr viel schief gehen - sollte man meinen. Doch die Vier Helden und der Schelm haben ein ungutes Gefühl, als sie die Play-Taste betätigen. Wird die erste Staffel der DSA-Hörspielreihe ein glückliches Ende finden? Und wird die Geschichte von Gundar und seinen Freunden weitergehen? Wer wird den Kampf um die Macht gewinnen? Wir verraten es Euch.
Dies ist eine Rezension vom "Kampf um die Macht", der sechsten Folge der Hörspielreihe "Das Schwarze Auge" von WinterZeit Audiobooks. Die Rezensionen der vorherigen Teile finden sich hier, hier, hier, hier und hier.

Die Hörspielreihe

Als ich vor etwa 15 Monaten zufällig auf der Webseite einer großen deutschen Elektonikfachmarktkette surfte und nach dem Stichwort "Das schwarze Auge" suchte, fand ich zu meiner eigenen Überraschung nicht nur die erwarteten Computerspiele (ich wollte mir dort gerade die Neuauflage der Schicksalsklinge ordern), als ich plötzlich über ein paar mir bis dato vollkommen unbekannte CDs stolperte. Eine DSA-Hörspielreihe? Von dem mir nicht bekannten Hörspiel-Verlag WinterZeit Audiobooks? Mit traumhaft schönen (wenn auch nicht ganz zu Aventurien passenden) Titelbildern und einer eindrucksvollen Sprecherriege? Mein Interesse war geweckt, und gespannt wartete ich auf den Beginn der Überraschungs-Serie.



Nun schreiben wir das Jahr 2018, und die erste Staffel dieser Hörspielreihe neigt sich mit der finalen Folge Kampf um die Macht dem lang erwarteten Höhepunkt entgegen. Bereis fünf spannende Folgen lang hatten wir Gelegenheit, uns an die Fersen des unschuldig inhaftierten und mit einer zusammengewürfelten Abenteurertruppe auf der Flucht befindlichen Zwerges Gundar Gemmenschneider zu heften, und gemeinsam mit ihm nach dem verlorenen Erbe der Türmer (einer in der Borbarad-Invasion untergegangenen Adelsfamilie aus Tobrien) zu suchen.

Nachdem die Abenteurer unter persönlichen Verlusten endlich den lang gesuchten Siegelring und ein prächtiges Familienschwert aus der von Untoten verseuchten Burg der Türmer zurückerobern konnten, lagen jetzt nur noch die letzten Meilen bis zur Reichhauptstadt Gareth vor Ihnen, die sie von der Übergabe der beiden Insignien an den rechtmäßigen Erben Lares vom Weißen Turm und somit der versprochenen Freiheit trennten.

Die Geschichte

Während also Gundars Gruppe der Reichshauptstadt entgegenstapft, um Lares das Schwert Jangorns, zu überreichen, hat Dexter von Crumold dort seine Gefolgsleute zusammengetrommelt, um eben dies zu verhindern. Die Elfe Seminolé Silberhaar wird mit einigen Schergen losgeschickt, um die Gefährten abzufangen. In einer Schenke kommt es zur Konfrontation. In letzter Sekunde rettet Alinnes Amulett die Gruppe, und so gelingt es ihnen zu fliehen und sich nach Gareth durchzuschlagen, wo sie endlich auf Lares und seinen Lehrmeister Sardos treffen.

Doch statt endlich das glückliche Ende ihrer Queste genießen zu können, sehen sich die Gefährten plötzlich einer dämonischen Macht gegenüber, die sich wild durch eine Garether Feierlichkeit metzelt, und die nahezu unbesiegbar erscheint. Und so kommt es zum großen Showdown zwischen der Macht des Bösen und unseren Helden. Ein Kampf, der am Ende zwar gewonnen werden kann... aber um welchen Preis?

Die Technik

Wenn nach 51 Minuten zum letzten Mal für diese Staffel die Schlussmelodie erklingt, ist die Geschichte um die Familie der Türmer und ihre verlorenen Insignien zu einem Ende gekommen. Und für den Hörer sind auch die meisten offenen Fragen endlich beantwortet worden. Wer ist Dexter von Crumold? Was wird aus Lares vom Weißen Turm? Was hat es mit dem Amulett auf sich? Was wird aus den gesuchten Verbrechern? Nebenbei werden aber auch bewusst noch einige offene Handlungsfäden zurückgelassen, an denen die bereits angekündigte zweite Staffel anknüpfen kann.

Dramaturgisch gibt es an der Folge und der Serie allgemein nicht viel zu meckern: Spannende und akustisch gut in Szene gesetzte Kämpfe wechseln sich mit halbwegs interessanten Dialogen ab, immer wieder wird zwischen den verschiedenen Handlungssträngen hin- und hergesprungen. Die Handlung um Lares und sein Erbe wird zu einem (zumindest nach Hörspiel-Maßstäben) plausiblen Ende gebracht, und der Hörer bekommt ein befriedigendes Finale mit dramatischem Endkampf vorgelegt. Als generisches Fantasy-Hörspiel funktioniert Der Kampf um die Macht hervorragend.

Dass es technisch ebenfalls nicht viel zu meckern gibt, ist nach den Erfahrungen mit den vorherigen fünf Episoden keine große Überraschung: Sprecherriege und Tonmischung sind über jeden Zweifel erhaben, selbst kurze Nebenrollen, die nur ein oder zwei Sätze zu sagen haben, wirken professionell besetzt. Auch wenn die elektronische Verfremdung von dämonenbesessenen Akteuren für meinen Geschmack etwas zu überzogen klingt, gibt es technisch nichts, was die Immersion des Zuhörers in die Geschichte stören könnte.

Das Problem

Was bleibt ist, wie auch schon fünf Mal zuvor bemängelt, die aventurische Kanonizität der Geschichte: Es wird gar nicht erst der Versuch unternommen, die Handlung in die so lebendige Hintergrundwelt einzubetten.

Der plötzlich freigesetzte Dämon wird als "dreigehörnter Fliegenherr Anbaloch" (?) bezeichnet, als "Fruchtverderber, Geldvermehrer", der im Namen eines gewissen Alraton (??) oder Zavatarov (???) gerufen wird. Ich bin wahrlich kein guter Kenner aventurischer Dämonologie, und habe vermutlich auch alle Namen falsch verstanden - aber gibt es irgend jemanden da draußen, der mit diesem Sermon etwas anfangen kann? Ich bin für alle Deutungsvorschläge offen!



Auch sonst trüben viele kleine Details den Hörspiel-Genuss:
  • Alinne ist mit Hilfe ihres fokussierenden Amuletts in der Lage, einen Zauber zu wirken, der irgendwie eine Mischung aus Fortifex und Paralysis zu sein scheint.
  • Dexter von Crumold ist einer der einflussreichsten Männer am kaiserlichen Hof - auch wenn niemand zuvor je von ihm gehört hat.
  • Der dreigehörne Dämon metzelt sich munter und unbehelligt durch das "Fest des Barons" - welcher Baron das sein soll erfahren wir leider nicht.
  • Auch die majestätische Stimme, die den vier geflohenen Sträflingen am Ende die Freiheit schenkt, wird nicht beim Namen genannt, und somit kann man nur mutmaßen, ob es sich dabei um Reichsregentin Emer ni Bennain handeln sollte (schließlich spielt die Geschichte laut Prolog im Jahr 1027 BF).
  • Aventurische Redewendungen, Fachbegriffe, Speisen oder Getränke sucht man ebenfalls mit der Lupe. Ein gehauchtes "Praios steh uns bei!" ist schon das Höchste der Gefühle.
  • Thorwaler Hothar bezeichnet den Zwergen noch immer als "Halbling". Dabei ist diese Rasse immer noch nicht Teil der Spielwelt. Obwohl mal der Assassinenhalbling angedacht war.
  • Am Ende des Hörspiels fragt Gundar den Elfen: "Was zum Henker ist eigentlich der Unterschied zwischen einem gewöhnlichen Elf und einem Auelf?" Ob er wohl auf die Unterscheidung von Spezies und Kultur gemäß Grundregelwerk hinaus will?
Sprich: Viele Ungereimtheiten, Auslassungen und Fragezeichen sorgen dafür, dass jedweder Bezug zu Aventurien gar nicht erst aufkommen kann, und jeder, der sich auch nur etwas mit DSA auskennt, vollkommen unnötig vergrault wird. Dabei wäre es so einfach gewesen mit nur wenigen gezielten Änderungen am Manuskript zumindest den Anschein von Kanonizität zu wahren: Die Erwähnung einiger bekannter NSCs, Wahrzeichen oder Spezialitäten hätte schon Wunder gewirkt.

So bleibt leider nach sechs Folgen das Fazit: Ich habe eine unterhaltsame, manchmal spannende, manchmal witzige, aber immer sehr gut gemachte erste Hörspielstaffel gehört. Zu schade, dass sie fast nichts mit Das Schwarze Auge zu tun hatte.

Der Ausblick

Die Geschichte von Gundar Gemmenschneider ist noch nicht zu Ende erzählt. Wie uns Markus Winter, Chef von WinterZeit Audiobooks, in einem Interview im März verriet, sind die zweite und dritte Staffel der durchaus erfolgreichen Serie bereits beschlossene Sache. DSA-Chefredakteur Niko Hoch verriet mir auf der RatCon 2018, dass es für die zweite Staffel hoffentlich auch eine Abnahme durch die DSA-Redaktion geben würde, was bei der ersten Staffel aus zeitlichen Gründen leider nicht geklappt hatte.

Es bleibt also zu hoffen, dass sich die zweite Staffel etwas besser in den aventurischen Hintergrund einfügt, und damit auch weitere potentielle Hörer aus der DSA-Spielerschaft rekrutieren lassen. Denn auch wenn ich jetzt sechs Folgen lang immer wieder über einzelne Details der ersten Staffel gemeckert habe, so bin ich doch ein Fan der Serie, habe die Charaktere trotz (oder wegen?) ihrer Klischeehaftigkeit ins Herz geschlossen, und freue mich auf ihre weiteren Abenteuer.

"Der Kampf um die Macht" und alle anderen Hörspiele der Reihe "Das Schwarze Auge" sind bei WinterZeit Audiobooks erschienen und können dort als MP3-Download oder als CD bestellt werden. Die CDs gibt es auch im F-Shop, bei Amazon oder im gut sortierten Elektronik-Fachhandel.

Kommentare

  1. Wieso ist mein Kommentar nicht freigeschaltet worden? Da war doch nichts schlimmes dran, oder? ,��

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  2. Keine Ahnung, ich habe keinen Kommentar blockiert oder nicht freigeschaltet, sehe auch keinen Kommentar in der Administrations-Sicht. Scheint beim Absenden was schiefgegangen zu sein. Daher: Einfach nochmal absenden, hier wird nicht zensiert! Zumindest habe ich bisher noch nie irgendwas zensieren müssen. Alle Kommentare sind herzlich willkommen! Vor allem hast Du mich jetzt neugierig gemacht, was andere von den Hörspielen halten.

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