Spielemesse in Essen 2018 (Tag 1)

Oh nein! Die Spielemesse in Essen war schon wieder vorbei, und der Schelm hatte noch immer keinen Bericht über seinen Besuch am Donnerstag verfasst! Was wäre, wenn man ihm nun seinen heißgeliebten Presseausweis für das nächste Jahr entziehen würde? Das durfte nicht passieren! Schnell schnappte sich der Schelm seine Aufzeichnungen, und versuchte sich an alle Details der tollen Stunden auf der Spielemesse zu erinnern. Lest selbst, ob ihm das gelungen ist.

Dies ist der Bericht vom Donnerstag, dem 25. Oktober 2018 und erstem offiziellen Tag der Messe. Den Bericht von der Pressekonferenz und dem Aufbau am Mittwoch gibt es im ersten Bericht.

Der Ulisses-Stand

Tag 1 der Messe (der für mich eigentlich der zweite war), begann etwas verspätet: Aus zwei Gründen (konkret: Kind 1 und Kind 2) kam ich erst so spät aus dem Haus, dass ich erst um zehn vor zehn an den Messehallen ankam. Praktischerweise erlaubte mir der Presseausweis, an den gefühlt zwei Millionen Wartenden vorbei in Halle 3 zu spazieren, und mich dann schnellstmöglich in Richtung von Halle 6 durchzuschlagen, bevor mich die nun einströmenden Menschenmassen zerquetschen konnten.

Der Ulisses-Stand war - nach dem gestrigen späten Aufbau - erfreulich fertig geworden, und Michael, Dominik und Philipp II warteten auf die ersten Kunden. Verstärkt wurden sie vom Hexxenmeister Mirko Bader am B-Ware-Stand und einer weiteren Mitarbeiterin an der Kasse. Auch Nadine Schäkel, die eigentlich nur als Gast auf der Messe war, wurde spontan als Kundenbetreuerin zwangsverpflichtet. Eigentlich hätte Chef Markus Plötz auch noch am Stand sein sollen, aber der lag krank im Hotelzimmer. Wie man hört war er bis Samstag aber wieder genug genesen, um der Messe beizuwohnen und Fragen zu beantworten.

Der Stand sah schon deutlich anders aus als noch gestern

Neuheiten gab es - wie bereits am Tag zuvor gehört - nur in Form der Havena-Produktflöte, die alle Crowdfunding-Teilnehmer mittlerweile bei sich im Regal stehen haben dürften. Lediglich die Plüsch-Figuren von Lata und Yo’Naho sind noch in der Produktion, dürften aber gegen Ende November fertiggestellt und in China auf das Containerschiff geladen werden, um dann Ende des Jahres, vermutlich aber eher Anfang 2019, bei allen kuschelbedürftigen Havena-Fans einzutreffen.

Eine Neuheit hatte es aber doch noch geschafft, unter meinem Radar hindurchzufliegen, und so hätte ich fast verpasst, mir ein Exemplar des frisch erschienenen Heldenwerk-Archivs 2 in der regulären Ausgabe zuzulegen. Zwar hatte ich die blaue Erstausgabe bereits auf dem Kaiser-Raul-Konvent erworben, dann aber wieder im Rahmen eines Gewinnspiels verlost, da mir die regulären Ausgaben mit schönem Titelbild einfach besser gefallen als die Sonderausgaben. Und so konnte ich für 29,90 € doch noch ein DSA-Produkt auf der Spiel ‘18 erstehen. Immerhin.

Die Aventurische Magie 3, die zumindest in Form einiger Vorabexemplare mit zur Spiel kommen sollte, ist leider in der Druckerei hängen geblieben und wird erst im Laufe der kommenden Woche bei Ulisses eintrudeln - zu spät für die Spiel, aber dafür rechtzeitig, um auf der Dreieich-Con unter’s Rollenspiel-Volk gebracht zu werden. Ich sag nur: GEODEN!

Mit mehr als vier gleichzeitigen Kunden war der Stand schon voll

Ein paar Worte zum Ulisses-Stand: Nachdem er im letzten Jahr (und den Jahren davor) relativ groß war und Platz für mehrere Spielrunden bot, war er in diesmal deutlich geschrumpft, sodass gerade einmal ein paar Handvoll Leute hineinpassten, bevor man Raumangst bekam. Ob das nun an zu teuren Standmieten oder an einer zu späten Standreservierung lag, wie kolportiert wurde, sei mal dahingestellt. Tatsache ist jedoch, dass die Enge und die fehlenden Spieltische ungewohnt waren und ein derart mickriger Stand in meinen Augen einem der größten deutschen Rollenspielhersteller nicht gerecht wird. Klar ist die Spiel “nur” eine Messe für Gesellschaftsspiele, aber gerade um interessierte Seiten- und Neueinsteiger gewinnen zu können, wäre die Messe gut geeignet. Sich mit den eindrucksvollen Ständen nur noch auf Rollenspielmessen und -Conventions zu präsentieren, wo ohnehin jeder DSA und Konsorten kennt, ist bestimmt nicht die beste Taktik um Spielernachwuchs zu gewinnen. Insofern hätte ich mir auch einen Veröffentlichungstermin der DSA-Einsteigerbox Das Geheimnis des Drachenritters zur Spielemesse gewünscht, um die Box prominent auf der Neuheitenschau präsentieren und eine gute Presseabdeckung erreichen zu können. Und vielleicht etwas mehr vom lukrativen Weihnachtsgeschäft mitzunehmen, für das es Mitte Dezember schon etwas spät sein dürfte. Sicherlich weiß Ulisses, was es sie tun - aber etwas schade finde ich die verpasste Marketing-Chance als Außenstehender schon.

Die Leute

Aber man geht ja nicht nur auf die Messe, um Dinge zu kaufen, sondern auch um mit Leuten zu quatschen, und dafür bot sich in diesem Jahr mehr als genug Gelegenheit. So konnte ich der immer (selbst wenn sie zum Dienst gepresst wird) fröhlichen Nadine Schäkel für den tollen Kontakt mit Illustrator Tim Brothage und somit indirekt für mein neues Logo danken. Zusammen mit Dennis (dem weltweit einzigen rollenden Panthergardisten), der quirligen Debbie und meinem Mit-Bochumer Marcel wurde über die Zwölfgötter und die Welt diskutiert, viel zu trockene und verbrannte selbstgebackene DSA-Kekse probiert (einige von uns mussten als Gegenmittel Met verkosten, um das ausgetrocknete Gefühl aus dem Mund zu spülen) und ein wenig durch die Hallen gestöbert. Wir machten einen kurzen Abstecher zu Marcels und meinem Stamm-Rollenspiel-Lieferanten Highlander Games und stöberten durch Roman-Antiquariat-Bestände.

Zurück am Ulisses Stand trafen dann auch endlich, verspätet durch den unvermeidlichen Messe-Stau, meine Ex-Redakteurs-Kollegen von DSANews ein: Während ich Engor, den ich ja schon auf der letzten Spiel und der RPC getroffen hatte, schon kannte, lernte ich nun zum ersten Mal auch Fenia und Frosty kennen, die ich bisher nur aus unserem redaktionsinternen Discord-Chat kannte. Schön, endlich mal Gesichter zu den Namen zu kennen, und cool, dass es mit dem Treffen geklappt hat. Schließlich haben wir uns viele Monate lang täglich im Redaktions-Chat ausgetauscht, geblödelt und gelacht, sodass ich auf die Menschen hinter den Avataren sehr gespannt war. Auch wenn es leider insgesamt nur zu einem kurzen Quatschen reichte, da es DSA-technisch wenig Neues gab und alle begierig waren, die restlichen Hallen zu erkunden. Ich hoffe, auf einer kommenden Convention bleibt mal etwas mehr Zeit zum Quatschen. Vielleicht lassen sich Engor und Co. ja mal überreden, bei einem kommenden Kaiser-Raul-Konvent mitzumachen.

Gemeinsam mit Marcel und Dennis machte ich mich dann auf, die anderen Hallen zu erkunden, die nun prall mit Menschen gefüllt waren. Ziemlich ziellos wanderten wir von Stand zu Stand, betrachteten nur kurz im Vorbeigehen die Auslagen, und quatschten währenddessen so eifrig über DSA-Neuheiten und DSA-Sammlungen, die Sieben Gezeichneten und alte Fernsehserien, dass wir von der Messe selbst kaum etwas mitbekamen. Schließlich machten wir eine konsequente Pause in der Galeria, hockten uns neben den Zugang zu Halle 2 und unterhielten uns einfach nur eine halbe Stunde lang. Auch wenn wir keinerlei Brettspiel-Neuheiten sahen und kaum den Geist der Messe in uns aufsaugen kannten, hatten wir eine sehr entspannte Zeit, und ich danke beiden für die coolen Gespräche! Es war wohl in meinen fast 30 Messejahren der Tag mit dem höchsten Anteil an Kommunikation und dem geringsten an Brettspielen!

Die Spiele

Aber natürlich fährt man nicht auf die Messe, um nur zu quatschen, und so fuhren wir irgendwann wieder zurück zum Ulisses-Stand und verabschiedeten uns, um auf eigene Faust durch die Hallen zu stöbern. Immerhin wollte ich auch ein paar neue Spiele erwerben, und vielleicht interessiert ja auch den ein oder anderen Leser, welche Kartons letztendlich mit mir nach Hause reisen durften.

Es fing an mit der ersten Staffel von Pandemic Legacy in der deutschen Ausgabe. Da meine Frau und ich im letzten Monat sehr viele Abende lang Spaß mit dem hervorragenden Legacy-Spiel The Rise of Queensdale von Inka und Markus Brand hatten, wollten wir versuchen dies mit einem weiteren Legacy-Spiel zu wiederholen, und so dafür bot sich Pandemic Legacy sicherlich an. Während ich es an einigen Ständen für satte 70 € im Angebot sah, war ich sehr erleichtert, es später für 46 € zu entdecken und direkt mitzunehmen. Staffel 2 wollte ich eigentlich noch gar nicht kaufen (immerhin wissen wir noch gar nicht, ob uns Staffel 1 begeistern kann), aber für 40 € am Kaufhof-Stand konnte ich es dann doch nicht liegenlassen.

Eine liebgewonnen Tradition war in den letzten Jahren immer der Kauf eines neuen Mini-Spiels beim Österreichen Spielemuseum, wo unter anderem Alexander Pfister immer wieder kleine Spiele-Perlen wie Royal Goods und Tybor der Baumeister veröffentlicht hatte. Dieses Jahr gab es leider kein neues Spiel von ihm, dafür aber Im Auftrag des Königs, eine Sammlung von 3 Mini-Erweiterung für Tybor, das uns in seiner kompakten Eleganz letztes Jahr sehr gefallen hat. Leider gibt es keine neue Story-Erweiterungen - ich war sehr gespannt, wie es mit den Geschichten zu Port Royal und Royal Goods/Oh my goods! weitergehen würde.

Apropos Alexander Pfister: Sein neuestes Spiel Blackout - Hongkong hat so ziemlich nichts von dem, was mich momentan als Spieler ansprechen würde. Es ist ein langes Spiel. Über drei Stunden kann eine Runde mit Spielerklärung dauern. Das Thema, ein Zusammenbruch des Hongkonger Stromnetzes und die Reaktion auf die ausbrechenden Unruhen, spricht mich überhaupt nicht an, und auch das deprimierende schwarze Design ist sicher mehr zweckmäßig und thematisch passend als schön zu nennen. Also eigentlich ein ganz klarer Nicht-Kauf - wenn da nicht der Name Pfister draufstünde! Und genauso wie ich letztes Jahr mit dem Kauf von Great Western Trail haderte, überlegte ich auch diesmal lange, bevor ich schließlich doch noch zum Eggertspiele-Stand ging und mir ein Exemplar einpackte. Mir ist klar, dass es lange dauern wird, bis ich die richtigen Spieler für diesen Brocken zusammengetrieben habe. Aber bisher hat mich, seit Freibeuter der Karibik, noch kein Pfister-Spiel enttäuscht. Wollen wir hoffen, dass das auch mit Blackout so bleibt!



Hätte man mich letztes Jahr gefragt, was mir der Name Wolfgang Warsch sagt, hätte ich nur ratlos mit den Schultern gezuckt - mittlerweile ist der Mann schlagartig, dank des Hattricks aus Die Quacksalber von Quedlingburg, The Mind und Ganz schön clever in die Top 3 meiner liebsten Spiele-Entwickler gesprungen. Und so stand schon von vorneherein fest, dass ich mir Fuji, sein neues semi-kooperatives Entkomme-der-Lava-Flucht-Würfelspiel zulegen würde. Natürlich hatten auch andere diese Idee, und so verbrachte ich gut 20 Minuten in der Schlange am Stand von Feuerland Spiele, um endlich ein Exemplar für sehr überschaubare 25 € in Händen halten zu können. Ich bin sehr gespannt, ob WW seine tollen Lauf an neuen, unverbrauchten Spielideen weiter fortsetzen kann.



Danach stöberte ich wieder etwas ziellos durch die Hallen, kaufte zwischendurch ein Exemplar von Die Totenkopfinsel, einem der drei Penny Paper Adventures Würfelspiele, denn kleine Rausschmeisser-Würfelspiele kann man ja bekanntlich nie genug haben. Eigentlich war ich ja auch noch auf der Suche nach dem vielerwähnten (und auf der Geeklist von BoardGame Geek gleich zweimal, in der roten und blauen Version, unter den Top 20 vertretenen) Railroad Ink, suchte aber lange Zeit vergeblich, bis ich endlich im Netz eine Angabe des Standes fand. Und es war natürlich klar, dass dies direkt neben dem Stand von Feuerland-Spiele war, wo ich keine Stunde zuvor lange in der Schlange gestanden hatte, ohne die große Werbung für Railroad Ink zu bemerken. Clever!

Als ich schon vielbepackt, mit einsetzenden Rückenschmerzen und wunden Füßen nach Hause trotten wollte, fiel mir wieder ein, dass ich ja eigentlich noch Tokyo Highway mitnehmen wollte, jenem Spiel, das mir einfach durch das tolle Aussehen des fertigen Autobahnkreuzes schon gefiel, und das ich mir gut als Bastelspiel mit meiner kleinen Tochter vorstellen konnte. Also stapfte ich nochmal quer durch alle Hallen, um schließlich bei Asmodee/itten fündig zu werden und auch dieses Spiel in meine schon viel zu schweren Taschen zu wuchten.



Viel zu bepackt und erschöpft schleppte ich mich und meine Einkäufe nach Hause, und war froh, am Abend totmüde, aber glücklich in seeligen Schlummer zu fallen. Am Freitag hieß es für mich wieder früh aufstehen, da ich um sieben Uhr im Flieger nach London sitzen musste, um einem Filmmusik-Konzert in der Royal Albert Hall beiwohnen zu können. Daher war die Spielemesse für mich am Donnerstag Abend bereits frühzeitig beendet.

Meine Spieleausbeute vom Donnerstag

Gerne wäre ich noch an den anderen Messetagen in meine schöne Nachbarstadt Essen gefahren, wäre mit meinem Presseausweis in die Hallen stolziert und hätte gerne noch viel von den tollen Spielen und der einzigartigen Atmosphäre mitgenommen. So manches schöne Gespräch und die eine oder andere Spielrunde wären sicher noch drin gewesen. Aber auch so waren die anderthalb Tage auf der Spiel wieder ein tolles Erlebnis, und ich kann nur jedem, der noch nie selbst das Vergnügen hatte, empfehlen es selbst einmal zu versuchen. Wenn 190.000 Menschen aus aller Welt, mit unterschiedlichen Sprachen, Weltanschauungen und Hautfarben, sich jedes Jahr vier Tage lang an einem Ort treffen, um gemeinsam Spiele zu spielen, miteinander zu reden und Spaß zu haben, ist das etwas ganz Besonderes.

Und ich freue mich darauf, das 2019 wieder erleben zu dürfen.

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